Full text: Archiv für öffentliches Recht.Siebzehnter Band. (17)

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wonnen‘®. Nach wie vor wurde dem philosophischen Recht zu- 
dem reale Wirksamkeit zugeschrieben. 
HOLTZENDORFF®* ist z. B. der Ansicht, dass der Kern des 
philosophischen Völkerrechts in dem richtigen Gedanken liege, 
dass die Völkerrechtsordnung keine Sache der menschlichen Will- 
kür oder des jeweiligen Beliebens sein könne, sondern auf blei- 
benden Fundamenten ruhe, mit anderen Worten, dass in ihm die 
Kraft der Rechtsidee wirke. 
Die Rechtsidee ist in ihren letzten Konsequenzen nichts 
anderes als das der Gesellschaft immanente Naturgesetz; aber 
was man natürliche Kraft und natürliches Gesetz nennt, sind 
nur übertragene Begriffe. Nur ein Willenssubjekt kann als Kraft 
gesetzmässig wirken. Wenn auch die Einzelwillen in der Gesell- 
schaft unter Naturzwang agieren, muss doch ihr Wirken und 
Wollen subjektiv, spontan gefasst werden. Und die Resultante 
der Einzelwillen, die Rechtskraft, muss menschliche Willenskraft, 
muss real, positiv sein. . Genau genommen wird ja auch die 
Rechtsidee aus dem positiven Recht abstrahiert und erscheint 
nur, weil sie aus allen Rechten gleichmässig geschöpft ist, als 
wirkende Kraft. In Wahrheit hingegen wirkt nicht sie, sondern 
die Menschen; sie ist nur ein gedachtes Bild. Alle philosophi- 
schen Rechte, sowie auch die toten Rechte sind solche Bilder 
— Monumente des Rechts, 
Eine Vermittlung zwischen dem Naturrecht und dem posi- 
tiven Recht erstrebt HOLTZENDORFF durch die philosophische 
Auffassung des positiven Rechts (Normtheorie). Er findet das 
Prinzip des Völkerrechts darin, dass zwei wechselseitig 
sich bedingende und durchdringende Grundkräfte zu- 
68 Philosophische Erkenntnisse, in unserm Falle die Rechtsnormen, be- 
anspruchen, auch wenn die historische Kritik sie als wandelbar nachweist, 
absolute Geltung. 
6 v. HoLTZENDoORFF, Handbuch des WVölkerrechts, Hamburg 1887, 
8. a1ff.
	        
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