Full text: Archiv für öffentliches Recht.Siebzehnter Band. (17)

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Die grösste theoretische Schwierigkeit ist einer befriedigenden 
Lösung des Problems von jeher im Begriff der absoluten Sou- 
veränität der Staaten erwachsen, mit dem ein wirkliches über 
den Staaten stehendes Recht unvereinbar ist. Hier soll nun die 
Norm und ihre „freiwillige Anerkennung“ helfen. Wie wir be- 
reits ausgeführt, geht es nicht an, Anerkennung im Sinne hypo- 
thetischen Erkennens aufzufassen; freie Anerkennung aus „Nutzen“ 
oder „eigenem gebotenem Interresse* ist eine COontradictio in 
adjecto, denn aus dem objektiven Interesse spricht eben ein 
fremder, überlegener Wille. Auch Selbstbindung des Willens, 
Selbstverpflichtung ist begrifflich unmöglich; sie kann nur äusser- 
lich als solche erscheinen, wenn nicht der objektive Zwang, son- 
dern das subjektive Wollen das gerade Sinnenfällige ist. Ja 
selbst von der Idee der Souveränität aus ist zunächst die Ver- 
pflichtung des Souveräns durch seine eigenen Gebote unmöglich: 
Princeps legibus solutus est. 
JELLINEK ®® erklärt in Anlehnung an KAnT, der Akt der Ver- 
pflichtung sei ein Vorgang der Motivation, der darin bestehe, 
dass an einen Willen die Anforderung gestellt werde, ein be- 
stimmtes Motiv als das absolut stärkste anzusehen; es mache aber 
keinen Unterschied, ob diese Anforderung von einer fremden In- 
telligenz gestellt werde, oder ob sie dem Vorstellungskreis des 
Handelnden entspringe. 
Zugegeben, dass der Wille aus Motivation, d. h. aus be- 
wusster Ursache hervorgeht, so ist doch zu bemerken, dass ob- 
jektiv keine Wahl verschieden starker Motive besteht, insofern 
die Motive eines Individuums notwendigerweise unter sich im 
Kausalzusammenhang stehen, also faktisch nur das resultierende 
Motiv bestimmend wirkt. An dieses kann nun folgerichtig ein 
soll und diese Norm doch wieder dem anerkennenden Staate selbständig 
gegenübertritt. 
®@ G. JELLINEK, Die rechtliche Natur der Staatenverträge, Wien 1880, 
S. 15.
	        
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