Full text: Archiv für öffentliches Recht.Siebzehnter Band. (17)

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überlegenes Motiv nur noch vermittelst einer durch fremden 
Willen gegebenen Kausalreihe herantreten. Demnach ist einem 
Subjekt gegenüber objektiv stets ein fremder Wille bestimmend 
wirkend, der sich möglicherweise lediglich im bestimmenden Inter- 
esse kundgiebt 7. 
Die reine Naturrechtslehre hatte sich mit diesem Problem 
noch nicht zu befassen. Nach ihr gehorchten nämlich die Staa- 
ten auch unwillkürlich in ihrem völkerrechtlichen Verkehr einem 
Naturgesetz; die staatliche Autonomie blieb somit völlig gewahrt. 
HOLTZENDORFF hingegen muss, da er von einem philosophischen 
Völkerrechtsbegriff (Norm) ausgeht, welcher real wirkt, indem ja 
die Völkerrechtsnorm dem Staat nicht als reine Idee, sondern 
als Macht gegenübertritt, zum Prinzip der „freiwilligen An- 
erkennung* Zuflucht nehmen. Er definiert also die Völker- 
rechtsquelle®® als ein zu bestimmten Handlungen oder 
Unterlassungen dauernd verpflichtender und möglicher- 
weise erzwingbarer Akt einer vom oder im Staat als 
herrschaftsberechtigt anerkannten Macht. (Anerkennung, 
(tewohnheit, Gesetz, Staatsvertrag.) Die rechtserzwingende Macht 
ist die Macht der Gemeinschaft. 
Was ist aber „herrschaftsberechtigte Macht“? Nicht die 
„Macht der Gemeinschaft“ ist als Schöpferin des Rechts ge- 
dacht, sie ist nur Garant des Völkerrechts. Für seine Konsti- 
7 Es ist jedoch inkonsequent, wenn Trierer (ob. S. 77) die Selbst- 
bestimmung des Willens zwar für das rechtliche Gebiet, doch nicht auch 
für das ethische verwirft. Gewiss ist die moderne Ethik auf dem Grundsatz 
der Autonomie aufgebaut, aber sie ist dies nur in dem Sinne, wie das Recht 
auf dem Grundsatz der Willensfreiheit. Unser logisches Denken und die 
Phantasie erschaffen auf analytischem Wege in unserm Geiste nach Belieben 
uneigentliche Willen, Motive, Gesetze u. s. w. Schliesslich wollen und können 
wir aber effektiv immer nur eines, und die Annahme einer Identität zwischen 
dem resultierenden Willen und jenen inkongruenten, jetzt gebundenen Willen 
beruht auf Täuschung. 
68 v. HOLTZENDORFF ob. S. 79.
	        
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