Full text: Archiv für öffentliches Recht.Siebzehnter Band. (17)

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nahe. IHERING betont entschieden die Existenz des Völkerrechts 
als eines autoritären, über den Staaten stehenden Rechts und be- 
hilft sich an Stelle des fehlenden „organisierten Zwanges“, wo 
es Not thut, mit einem Surrogat desselben: der faktischen Ge- 
walt, dem Krieg. Er kennt selbst zentrale völkerrechtliche Or- 
gane, wie z. B. Kongresse. Als Normtheoretiker achtet er aber 
des engen begrifflichen Zusammenhangs von Wille und Gewalt 
nicht, sondern sucht Norm und Organisation als selbständige 
Begriffe auseinanderzuhalten. Mit JELLINEK stimmt er soweit 
überein, als ihm ebenfalls das gemeinsame Agens, das eo ipso 
überall zu gleichartigem Völkerrecht führt, die thatsächlichen 
Verhältnisse und Kulturantriebe sind, aber sie sind ihm keine 
„blosse Ideen, Imponderabilien, deren nur die Philosophie zur 
Erklärung bedarf, sondern reale Mächte, welche die Entwick- 
lung des Völkerrechts bewirken und den Staat auf eine gewisse 
Linie drängen, die er nicht nach Willkür verlassen kann“, 
Der den erwähnten Theorien innewohnenden Bestrebung, 
das Völkerrecht durch seine Beziehungen zur „Natur“ zu cha- 
rakterisieren, kann in richtiger Weise nur die Betrachtung der 
wirtschaftlichen Seite des Völkerrechts Rechnung tragen. Die 
Geschichte zeigt deutlich die nahe Zusammengehörigkeit und die 
gleichlaufende Entwicklung von Wirtschaft und Recht. So sehen 
wir in der Zeit, da der Städter neben dem Ritter sich empor- 
ringt und die feudale Naturwirtschaft durch die Geldwirtschaft 
verdrängt wird, auch Städterechte mehr und mehr allgemeines 
Recht werden und das Landrecht, ursprünglich eine reine 
Friedensordnung, durch Aufnahme des Verkehrsschutzes sich 
in das moderne staatliche Recht verwandeln. Andererseits ist 
das lebhafte Emporblühen des ausländischen Handels, das die 
neue Zeit inaugurierte, mit der Entstehung des Völkerrechts 
verknüpft. Und heute, wo die internationalen Bande sich stets 
festigen, empfängt wie die grosse Politik, so das Völkerrecht, 
die Impulse aus dem Kampf um die Handelssuprematie.
	        
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