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öffentliche Ordnung mit dem System (Komplex) der subjektiven
öffentlichen Rechte.
Er erkennt nämlich die Schwierigkeit, die sich aus folgender
Betrachtung ergiebt®°: Im Privatrecht, der rechtlichen Ord-
nung der Lebenssphären koordinierter Personen, ergeben sich
zwanglos gegenseitige Berechtigung und Verpflichtung, das objek-
tive Recht steht voraussetzungsgemäss über ihnen. Im öffent-
lichen Recht hingegen ist das eine der Subjekte von Recht und
Pflicht „selbst Träger und Schöpfer der schützenden objektiven
Rechtsordnung“.
Somit wäre begrifflich auf der einen Seite (der des
Staates) nicht nur der Rechtsschutz geringer, sondern über-
haupt nicht vorhanden, das objektive Recht wäre nicht neutral,
sondern auf einer Seite mit dem subjektiven identisch. Dann
fehlte allerdings „jede Macht, welche den gleichen Wert der
Ansprüche von herrschender und unterworfener Person garan-
tieren könnte“.
Wie das objektive Recht, so muss auch der Träger der
öffentlichen Macht über den Subjekten der subjektiven Rechte
stehen. Ueber sich selbst kann aber der Staat nicht stehen.
Aus diesem Dilemma hilft JELLINEK’s Einwand nicht, alles Recht
sei Beziehung von Rechtssubjekten; einen isolierten Rechtsträger,
wie es der Staat als Träger des objektiven Rechts in unserem
Falle sei, könne es deswegen nicht geben. JELLINEK entgeht
hier vollständig die spezifische Natur des objektiven Rechts und
er setzt an Stelle des Begriffs des objektiven Rechts einfach
wieder die Begriffe von Recht und Pflicht. Allerdings setzt
jeder Rechtsbegriff eine Mehrheit von Personen voraus, zwischen
denen eine Ordnung bestehen soll, allein im einen Fall, dem des
subjektiven Rechts, sind die Personen nur kraft höheren Willens
und Gewalt Rechtssubjekte, im anderen, und das ist ja gerade
®° JELLINEK, System, ob. 8. 9ff.