— 3557 —
nur eine abstrahierte Anschauungsweise des objektiven und des-
halb stets mit demselben vorhanden ist. JELLINER aber°!, aus-
gehend von der einseitigen Ansicht, im objektiven Recht, vorab
in der Verfassung, seien auf der einen Seite „Rechte der Indivi-
duen“ textuell oder durch ergänzende Institutionen, wie z. B.
eine ausdrückliche Gerichtsbarkeit, individualisiert, auf der an-
deren aber individuelle Interessen nur in den Gesamtinteressen,
oder wenigstens nicht speziell, individuell wahrgenommen, gelangt
zu einer entsprechenden Unterscheidung von subjektiven Ööffent-
lichen Rechten gegenüber den subjektiven bloss ähnlichen Reflex-
rechten ®?.
Nun behauptet er, dass, während beim subjektiven Recht es
sich um individuelle (bestimmte) Interessen handle, bei den „Ge-
meininteressen“ das Analogon das Reflexrecht sei; aller Schutz
des Gemeininteresses schütze zwar notwendig ungezählte Einzel-
interessen, schaffe aber keine subjektiven Rechte. So erwachse
2. B. aus dem Satze, dass die Sitzungen des Parlaments öffent-
lich seien, niemandem ein subjektives Recht auf Zutritt.
Hier zeigt sich uns nur, dass es oft praktisch wertlos ist,
subjektive öffentliche Rechte besonders zu konstruieren. In Wirk-
lichkeit ist jener Satz eine mehr organisatorische Bestimmung,
d. h. sie zielt auf eine zu schaffende Eigentümlichkeit des parlamen-
tarischen Organismus. Uebrigens können die entsprechenden „sub-
Jektiven öffentlichen Rechte“ durch Gewohnheitsrecht oder selbst
durch Gesetzgebung in derartigen Fällen ausdrücklich bestimmt
werden 3,
1 JELLINEK, System, ob. S. 63.
®2 GERBER bezeichnet das subjektive öffentliche Recht überhaupt als
Reflex des objektiven.
% Deshalb ist auch die Praxis des schweizerischen Bundesgerichts, das
in der Verfassung nicht „individualisierten“ Rechten selbst gegen kantonales
Recht ordentlichen Gerichtsschutz gewährt, vielleicht ein Unikum, aber
jedenfalls keine Anomalie. (Vgl. JELLINEK, System, ob. S. 68.)