Full text: Archiv für öffentliches Recht.Siebzehnter Band. (17)

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ein allgemeines Weltrecht? Es müsste noch weniger vollkommen 
sein, aber es liesse sich denken. Die ewigen, unverrückbaren 
Regeln, die den Verkehr der Menschen bestimmen, wären natür- 
liches Recht, dessen Grundsätze aus der Natur der Sache, d.h. 
aus den besonderen Beziehungen, sich ergeben, die zwischen den 
Völkern von verschiedenen Kulturstufen bestehen. Worauf be- 
ruhte aber die verbindliche Kraft des subsidiär geltenden Natur- 
rechts? Auf der Natur? Auf einer göttlichen Weltordnung? 
Höchstens auf dem Gefühl der Rechtsgemeinschaft; es wäre die 
Quintessenz unseres Rechtsgefühls, oder vielmehr unserer Moral. 
Ist aber, entgegnen wir, wirklich die Kulturgemeinschaft eine 
positive Grundlage? Sind nicht Handels- und Verkehrsinteressen, 
denn um mehr kann und soll es sich nicht handeln, ebensowenig 
Verbindlichkeitsgründe, wie die Ueberzeugung, das Gewissen? 
Wenn das Recht im allgemeinen nicht ausschliesslich staatliches 
Recht zu sein braucht, wenn anerkanntermassen das Gewohnheits- 
recht ein Recht der Gesellschaft ist, wie sollte da das Völker- 
recht, das in seinen Fundamenten nur Gewohnheitsrecht sein 
kann, auf jene durch die engere Staatengemeinschaft bezeichnete 
menschliche Gesellschaft beschränkt sein? Gewiss müssen wir 
ein bloss philosophisch verbindliches Recht verwerfen, allen den 
tieferen Gedanken des Naturrechts können wir retten. Vielfach 
stellen selbst diejenigen Autoren, denen die Staaten die alleinigen 
völkerrechtlichen Subjekte sind, dennoch das Völkerrecht auf die 
gesellschaftliche Basis. 
MARTENS äussert sich z. B. folgendermassen: Die Menschen, 
welche einen konkreten Staat oder ein konkretes Volk bilden, 
stehen untereinander nicht bloss in bestimmten staatsrechtlichen 
Beziehungen, welche durch die zwingende Macht der Staatsgewalt 
gewahrt werden. Zu gleicher Zeit entstehen und bestehen unter 
ihnen oft unabhängig vom Staate enge Beziehungen, die in den 
gemeinsamen geistigen und materiellen Interessen ihren Ursprung 
haben. Die Gemeinsamkeit der sozialen Elemente, oder die Ge-
	        
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