— 364 —
menschlichen Rechte zuzuschreiben. — Wie wir noch
sehen werden, schützt in der That der Staat (als Völkerrechts-
organ) im Bürger auch den „Menschen“ !%2,
Fiore anerkennt also als Personen des Völkerrechts den
Menschen, die Kirche und den Staat, welch letzteren er zugleich
in seiner weitesten Bedeutung fasst. HEILBORN hatte in der
Erwägung, dass sowohl eine quasi-rechtliche Persönlichkeit
(HOLTZENDORFF) als auch völkerrechtsähnliches Recht (MARTENS)
logische Monstra sind, den asiatischen Staaten Persönlichkeit
abgesprochen. Die sog. Stämme aber sind nach ihm überhaupt
keine Persönlichkeiten, sondern blosse Personenvereine, „die zum
Boden höchstens in privatrechtlicher Beziehung stehen“. FiIoRE
dagegen lässt die Stämme, soweit sie eine politische Organisation
aufweisen, in analoger Weise wie die Staaten (wolıl richtiger: da
sie den sog. Staaten wesensgleich sind), die nicht organisierten
Stämme wenigstens als Menschen des Völkerrechts teilhaftig
werden.
Indessen ist diese letzte Folgerung zu präzisieren. In Wirk-
lichkeit bieten die Wilden, soweit sie nicht organisiert sind,
keinerlei Gewähr für das Besteben einer Friedens- und Rechts-
ordnung, oder dafür, dass sie rechtlichen Verpflichtungen nach-
zukommen gewillt seien, was die Voraussetzung jeder Rechts-
beziehung ist. Immerhin sind sie als Glieder der Gesellschaft
nicht rechtlos, aber sie bedürfen, gleichsam wie die Kinder, der
permanenten oder kasuellen staatlichen Protektion, sie sind
„nicht relevante Personen“ des .Völkerrechts.,. Analog verhält
es sich mit den Heimatlosen. Damit ist aber nicht ausge-
schlossen, dass ein einzelnes Individuum relevanter Verein-
barender oder relevante Person des Völkerrechts wird, wenn
nämlich hinter ihm als Garantie eine staatliche Gewalt
102 Ausserdem lässt sich das Recht der Auswanderung, des Nationalitäts-
wechsels u. s. w. nur auf einer völkerrechtlichen Basis konstruieren.