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lichen Ministers; wie sich aber der Verf. die Gegenzeichnung eines inneren
Vorgangs in der Seele des Monarchen oder einer mündlichen Erklärung
denkt, hat er nicht verraten. Er missbilligt ausdrücklich die „verbreitete
Ansicht“, dass die Sanktion durch Unterschreiben einer den Text des
Gesetzentwurfs enthaltenden Urkunde erteilt werde; es sei dies nur ein
„allgemein geübter Brauch“. Für diesen Akt habe die Reichsverfassung
die Bezeichnung „Ausfertigung“ eingeführt. Hiernach müsste man annehmen,
dass Ausfertigung die allgemein gebräuchliche Form der Sanktion sei.
Dies wird aber vom Verf. sogleich wieder (S. 24) für irrtümlich erklärt;
die Ausfertigung sei nur „vielfach das einzige Kennzeichen für Dritte, dass
der Monarch sanktioniert hat“. Eine besondere Erklärung der Sanktion
kann ja nach dem Verf. „ganz fehlen und fehlt auch vielfach“; sie ist also
ein staatsrechtlich erheblicher Akt, der nicht erklärt zu werden braucht (!).
Der Monarch könne den „Sanktionsbeschluss“ jederzeit ändern, so lange die
Thatsache noch ein Internum der Regierung geblieben ist; dagegen könne
der Bundesrat einen Sanktionsbeschluss nicht mehr aufheben, „sobald er
das Gesetz weitergegeben hat“. Die Sanktion sei kein Befehl, sondern die
„Zustimmung zu dem Gesetzentwurf“ und „der Entschluss, den Gesetzes-
befehl herbeizuführen“. Hiernach enthält die Sanktion zwei von einander
verschiedene Dinge; auf keines von beiden passt aber der Wortsinn von
Sanktion. Es bleibt rätselhaft, wie man die angegebenen inneren Vorgänge
allgemein und überall mit dem Wort „sancire* bezeichnen kann, das doch
die Vorstellung des unverbrüchlichen Befehls zum Ausdruck bringt und wie
der Verf. mit seiner Auffassung der Sanktion seine Behauptung in Einklang
bringen kann, dass der Monarch „infolge seines Sanktionsrechts der wahre
Gesetzgeber“ sei. Zum Schluss dieser durchaus konfusen Erörterungen giebt
der Verf. eine dem Privatrecht entlehnte Analogie zu Besten. Er vergleicht
die Einbringung des Gesetzentwurfs mit einer Aufforderung der Regierung
an die Kammer, dass diese ihr eine Gesetzesofierte mache; der Beschluss
der Kammer über den Gesetzentwurf sei die Offerte (8. 26. 27). Gegen
die Verwendung der in der Wissenschaft des Privatrechts besser und klarer
entwickelten allgemeinen Rechtsbegriffe zur Erklärung staatsrechtlicher Vor-
gänge habe ich gewiss nichts einzuwenden; aber wenn dies in so verständnis-
loser Weise geschieht, wie in dem angegebenen Beispiel, wird es ab-
geschmackt.
Nach einer hier nicht näher interessierenden Abschweifung über
„ausländische Verfassungen“ wendet sich der Verf. $ 387 der „Publi-
kation“ zu. Er giebt hier eine Anzahl geschichtlicher Notizen über die
verschiedenen Formen der Gesetzesverkündigung im Altertum, im Mittel-
alter, im alten deutschen Reich, in England, Frankreich ı s. w., welche
ohne alle Ausbeute für das jetzige Recht sind; das letztere behandelt er auf
etwa zwei Seiten (68—60), und zwar erörtert er hier gar nicht die Ver-
kündigung selbst und die von ihr geltenden Rechtsregeln, sondern den