Full text: Archiv für öffentliches Recht.Siebzehnter Band. (17)

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lichen Ministers; wie sich aber der Verf. die Gegenzeichnung eines inneren 
Vorgangs in der Seele des Monarchen oder einer mündlichen Erklärung 
denkt, hat er nicht verraten. Er missbilligt ausdrücklich die „verbreitete 
Ansicht“, dass die Sanktion durch Unterschreiben einer den Text des 
Gesetzentwurfs enthaltenden Urkunde erteilt werde; es sei dies nur ein 
„allgemein geübter Brauch“. Für diesen Akt habe die Reichsverfassung 
die Bezeichnung „Ausfertigung“ eingeführt. Hiernach müsste man annehmen, 
dass Ausfertigung die allgemein gebräuchliche Form der Sanktion sei. 
Dies wird aber vom Verf. sogleich wieder (S. 24) für irrtümlich erklärt; 
die Ausfertigung sei nur „vielfach das einzige Kennzeichen für Dritte, dass 
der Monarch sanktioniert hat“. Eine besondere Erklärung der Sanktion 
kann ja nach dem Verf. „ganz fehlen und fehlt auch vielfach“; sie ist also 
ein staatsrechtlich erheblicher Akt, der nicht erklärt zu werden braucht (!). 
Der Monarch könne den „Sanktionsbeschluss“ jederzeit ändern, so lange die 
Thatsache noch ein Internum der Regierung geblieben ist; dagegen könne 
der Bundesrat einen Sanktionsbeschluss nicht mehr aufheben, „sobald er 
das Gesetz weitergegeben hat“. Die Sanktion sei kein Befehl, sondern die 
„Zustimmung zu dem Gesetzentwurf“ und „der Entschluss, den Gesetzes- 
befehl herbeizuführen“. Hiernach enthält die Sanktion zwei von einander 
verschiedene Dinge; auf keines von beiden passt aber der Wortsinn von 
Sanktion. Es bleibt rätselhaft, wie man die angegebenen inneren Vorgänge 
allgemein und überall mit dem Wort „sancire* bezeichnen kann, das doch 
die Vorstellung des unverbrüchlichen Befehls zum Ausdruck bringt und wie 
der Verf. mit seiner Auffassung der Sanktion seine Behauptung in Einklang 
bringen kann, dass der Monarch „infolge seines Sanktionsrechts der wahre 
Gesetzgeber“ sei. Zum Schluss dieser durchaus konfusen Erörterungen giebt 
der Verf. eine dem Privatrecht entlehnte Analogie zu Besten. Er vergleicht 
die Einbringung des Gesetzentwurfs mit einer Aufforderung der Regierung 
an die Kammer, dass diese ihr eine Gesetzesofierte mache; der Beschluss 
der Kammer über den Gesetzentwurf sei die Offerte (8. 26. 27). Gegen 
die Verwendung der in der Wissenschaft des Privatrechts besser und klarer 
entwickelten allgemeinen Rechtsbegriffe zur Erklärung staatsrechtlicher Vor- 
gänge habe ich gewiss nichts einzuwenden; aber wenn dies in so verständnis- 
loser Weise geschieht, wie in dem angegebenen Beispiel, wird es ab- 
geschmackt. 
Nach einer hier nicht näher interessierenden Abschweifung über 
„ausländische Verfassungen“ wendet sich der Verf. $ 387 der „Publi- 
kation“ zu. Er giebt hier eine Anzahl geschichtlicher Notizen über die 
verschiedenen Formen der Gesetzesverkündigung im Altertum, im Mittel- 
alter, im alten deutschen Reich, in England, Frankreich ı s. w., welche 
ohne alle Ausbeute für das jetzige Recht sind; das letztere behandelt er auf 
etwa zwei Seiten (68—60), und zwar erörtert er hier gar nicht die Ver- 
kündigung selbst und die von ihr geltenden Rechtsregeln, sondern den
	        
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