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zung der Universitäten“ hat ihre Schattenseiten. Sie führt zur „Fortpflanzung
der Professur innerhalb bestimmter Familien® — bekannte Dinge, wovon
auch die alte Universität Strassburg zu sagen wusste. Wenn das Ministerium
ernennt, benutzt es in verschiedenem Masse Vorschläge der Fakultäten. Ein
ganz eigentümliches System besteht darin, dass man einen einzelnen Pro-
fessor mit dem Vorschlagsrecht betraut, nachher aber, wenn der Vor-
geschlagene und Ernannte nichts taugt, ihn dafür verantwortlich macht, wie
er diesen „wieder wegschaffe“ ‚(S. 101). Im allgemeinen ist Verf. mehr für
die Ernennung durch das Ministerium: „Unlautere Einflüsse bei Besetzung
der Professuren, welche bei der früheren Selbstergäuzung eine grosse Rolle
spielten, sind nirgends nachweisbar“. Als Beweis führt er u. a. den Fall
an, dass ein Leutnant vom Königsregiment in Potsdam jemanden zu einer
ausserordentlichen juristischen Professur in Königsberg empfahl, der Minister
aber auf Grund einer königlichen Resolution ihn abschlägig beschied (S. 104).
Das verdient gewiss alle Anerkennung.
Strassburg. Otto Mayer.
Dr. jur. Hugo Sinzheimer, Lohn und Aufrechnung. Ein Beitrag zur
Lehre vom gewerblichen Arbeitsvertrag auf reichsrechtlicher Grund-
lage. Berlin, Carl Heymanns Verlag, 1902. V und 127 S. M. 2.—.
Die wissenschaftliche Forschung hat sich von dem Recht des Arbeits-
vertrages lange Jahre vollständig zurückgehalten, und erst allmählich be-
ginnt es hierin besser zu werden. Nachdem vor kurzem eine gründliche
Monographie von Dr. KoEkne, „Die Arbeitsordnungen im deutschen Ge-
werberecht“, erschienen ist, liegt hier eine wertvolle Arbeit über die wich-
tige und in letzter Zeit vielfach besprochene Frage der Aufrechnung gegen-
über einer Lohnforderung vor. Es ist das ein sehr verdienstliches, aber
auch sehr schwieriges Unternehmen. Wie jeder, der sich mit dem Recht
des gewerblichen Arbeitsverhältnisses näher beschäftigt, hat auch der Verf.
die Erfahrung gemacht, dass die privatrechtlichen Bestimmungen auf diesem
Gebiet, sowohl die des Bürgerlichen Gesetzbuchs, wie diejenigen der Reichs-
gewerbeordnung, „oft des präzisen Ausdrucks und jener Technik entbehren,
die sonst unsere Privatrechtsbücher, dank der Vorarbeit einer ausgebildeten
Rechtswissenschaft, besitzen“.
Den Kernpunkt des Themas bildet die Frage, ob zufolge des Aufrech-
nungsverbots im $ 894 B.G.-B. der Arbeitslohn in dem nicht pfändbaren
Betrage unter allen Umständen bar auszuzahlen ist, auch wenn dem Arbeit-
geber begründete Gegenforderangen aus dem Arbeitsverhältnis selbst zu-
stehen, oder ob hier das im & 273 B. G.-B. zugelassene Zurückbehaltungs-
recht eingreift. Es ist nicht leicht, hier zu einer befriedigenden Ansicht zu
gelangen, und auch der Verf. wird, wie wir fürchten, nicht jeden über-