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Diese Auslegung, welche Zorn an dem Abschied vom
4. Juni 1548 übt, ist indessen verfehlt. Zunächst ist Einspruch
zu erheben gegen die von ZORN vorgenommene absolute Gleich-
ung: Abschied — Verfügung, Verordnung, Gesetz, landesherrlicher
Befehl. Diese Gleichung entspricht durchaus nicht der Rechts-
lage im 16. Jahrhundert.
Die bei HALTAus, Glossarium Germanicum medii aevi, sich
findende Erklärung: Abschied = recessus s. decretum ist freilich
nicht ausreichend. Das Wort „Abschied“ fand in der hier in
Frage stehenden Zeit nach zwei Richtungen hin Anwendung.
Es kam einmal als Bezeichnung der Beschlüsse eines Reichstages
oder eines Landtages vor. Am Schlusse, vor dem Auseinander-
gehen eines Reichstags oder eines Landtags, wurden die vom
Regenten gebilligten Beschlüsse zusammengefasst und in einer
besonderen Urkunde bekannt gegeben: Die Urkunde, welche die
so publizierten Beschlüsse enthielt, hiess Reichs- oder Landtags-
abschied (vgl. ZÖPFL, Staatsrecht I-S. 193 H. A. ZACHARIAE,
Deutsches Staats- und Bundesrecht I S. 646, LABAND, Staats-
recht des Deutschen Reichs I S. 523). Daneben wurde aber
auch das Wort „Abschied“ in der obrigkeitlichen Kanzleisprache
jener Zeit in einer rein formellen Bedeutung gebraucht: für die
Beantwortung aller Eingaben verschiedensten Inhalts, welche an
den Regenten gerichtet waren. Der Abschied war dann, ohne
dass es auf den Inhalt ankam, einfach die formelle „Antwort“,
fessuren, im Vakanzfall hatte der Senat zu präsentieren, selbstverständlich
der Art, dass der Präsentierte zugleich die erforderliche Qualifikation für
das Pfarramt haben musste, die Ernennung erfolgte durch den Landesherrn.
Eine Aufhebung dieses landesherrlichen Abschiedes ist nicht erfolgt. Nur
durch den Landesherrn selbst, nicht etwa durch den Akt einer Behörde,
wäre eine solche rechtlich möglich gewesen; und nur mit Zustimmung der
Berechtigten.“ — „Privilegien können dem Berechtigten nach allgemeinen
Rechtsgrundsätzen niemals wider seinen Willen entzogen werden.“ — „Das
Gesetz vom 4. Juni 1548 gilt für die Organisation der Pfarrei der Alt-
städtischen Kirche heute noch.“ ZORN.
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