Full text: Archiv für öffentliches Recht.Siebzehnter Band. (17)

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Diese Auslegung, welche Zorn an dem Abschied vom 
4. Juni 1548 übt, ist indessen verfehlt. Zunächst ist Einspruch 
zu erheben gegen die von ZORN vorgenommene absolute Gleich- 
ung: Abschied — Verfügung, Verordnung, Gesetz, landesherrlicher 
Befehl. Diese Gleichung entspricht durchaus nicht der Rechts- 
lage im 16. Jahrhundert. 
Die bei HALTAus, Glossarium Germanicum medii aevi, sich 
findende Erklärung: Abschied = recessus s. decretum ist freilich 
nicht ausreichend. Das Wort „Abschied“ fand in der hier in 
Frage stehenden Zeit nach zwei Richtungen hin Anwendung. 
Es kam einmal als Bezeichnung der Beschlüsse eines Reichstages 
oder eines Landtages vor. Am Schlusse, vor dem Auseinander- 
gehen eines Reichstags oder eines Landtags, wurden die vom 
Regenten gebilligten Beschlüsse zusammengefasst und in einer 
besonderen Urkunde bekannt gegeben: Die Urkunde, welche die 
so publizierten Beschlüsse enthielt, hiess Reichs- oder Landtags- 
abschied (vgl. ZÖPFL, Staatsrecht I-S. 193 H. A. ZACHARIAE, 
Deutsches Staats- und Bundesrecht I S. 646, LABAND, Staats- 
recht des Deutschen Reichs I S. 523). Daneben wurde aber 
auch das Wort „Abschied“ in der obrigkeitlichen Kanzleisprache 
jener Zeit in einer rein formellen Bedeutung gebraucht: für die 
Beantwortung aller Eingaben verschiedensten Inhalts, welche an 
den Regenten gerichtet waren. Der Abschied war dann, ohne 
dass es auf den Inhalt ankam, einfach die formelle „Antwort“, 
fessuren, im Vakanzfall hatte der Senat zu präsentieren, selbstverständlich 
der Art, dass der Präsentierte zugleich die erforderliche Qualifikation für 
das Pfarramt haben musste, die Ernennung erfolgte durch den Landesherrn. 
Eine Aufhebung dieses landesherrlichen Abschiedes ist nicht erfolgt. Nur 
durch den Landesherrn selbst, nicht etwa durch den Akt einer Behörde, 
wäre eine solche rechtlich möglich gewesen; und nur mit Zustimmung der 
Berechtigten.“ — „Privilegien können dem Berechtigten nach allgemeinen 
Rechtsgrundsätzen niemals wider seinen Willen entzogen werden.“ — „Das 
Gesetz vom 4. Juni 1548 gilt für die Organisation der Pfarrei der Alt- 
städtischen Kirche heute noch.“ ZORN. 
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