Full text: Archiv für öffentliches Recht.Siebzehnter Band. (17)

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Rechts und keine Kollisionsnorm. Seine Aufgabe ist, die recht- 
liche Stellung der ausländischen Staatsangehörigen zu bestim- 
men, nicht aber ratione loci die Wirkungssphäre der inländi- 
schen Gesetzgebung zu begrenzen. 
Es ist wohl kaum nötig, zu beweisen, dass zwischen diesen 
beiden Normalkomplexen ein bedeutender prinzipieller Unterschied 
besteht. In der That, man kann sich leicht vorstellen, dass ein 
Staat Ausländern wichtige Civilrechte versagt und trotzdem an- 
erkennt, dass Ehen nach lex loci actus, die Erbfolge nach lex 
personalis u. s. w. bestimmt werden. Und andererseits kann 
ein Staat sich äusserst liberal in seinen Grenzen weilenden Aus- 
ländern gegenüber verhalten, zugleich aber in allen Fragen des 
internationalen Privatrechts auf dem territorialen Prinzip fussen 
und nur in den seltensten Fällen Anwendung ausländischer Ge- 
setze zulassen!‘. Daraus folgt, dass diese oder jene Stellung, 
welche das materielle Recht eines Staates den Ausländern gegen- 
über einnimmt, keineswegs als Schlüssel dienen kann, um mög- 
licherweise entstehende Kollisionen verschiedener Ortsgesetze zu 
entscheiden. 
Das hier Gesagte resumierend, kommen wir zu dem Schlusse, 
dass der in der russischen Gerichtspraxis herrschende Usus 
(Art. 822) als Schlüssel zum Lösen verschiedener Zweifel in 
Fällen von Gesetzkollisionen anzuwenden auf vollkommener Ver- 
wechslung des Sinnes und absoluter Unkenntnis der historischen 
Entstehung dieses Artikels beruht. Seine einzige Bestimmung 
ist, die rechtliche Stellung der Ausländer zu normieren. Ihn 
zu einer Konfliktsguillotine zu machen, heisst offenbar und be- 
wusst die Absicht des Gesetzgebers verkennen. 
Die russische Gesetzgebung enthält somit kein allgemeines 
prinzipielles Verbot, ausländische Rechtsnormen anzuwenden, ein 
10 Siehe Kaun, Ueber Inhalt, Natur und Methode des internationalen 
Privatrechts 1899, $ 32.
	        
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