Full text: Archiv für öffentliches Recht.Siebzehnter Band. (17)

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Fälle voraussehen, wo strittige Rechtsverhältnisse der Entschei- 
dung nach ausländischem Recht unterliegen, sie zugleich den Ge- 
richten die Pflicht auferlegen, sich nach diesen Gesetzen zu 
richten. Zwar ist eine der Schlussfolgerungen, zu denen der 
Kassationshof damals in seiner Entscheidung gelangt war, näm- 
lich die, dass falsche Interpretation einer ausländischen Rechts- 
norm nicht als Kassationsgrund gelten kann, von ihm selbst im 
Jahre 1896 (No. 35, Fall Meunier-Bronchard) umgestossen 
worden, trotzdem muss aber auch jetzt die oben angeführte Ent- 
scheidung vom Jahre 1884 als der wahre Ausdruck der Ansicht 
des Kassationshofes in dieser Frage angesehen werden, da sie, 
nur äusserlich mit dem ferneren Raisonnement desselben ver- 
bunden, von der Entscheidung vom Jahre 1896 nicht berührt 
wurde. Was die unteren Gerichtsinstanzen betrifft, so ist uns 
deren Praxis nicht bekannt, aber es ist anzunehmen, dass auch 
sie, dem Beispiele des Kassationshofes folgend, nicht erst eine 
Berufung der Parteien auf die ausländische Gesetzgebung ab- 
warten, sondern von selbst letztere anwenden. Dieses ist um so 
wahrscheinlicher, als in der früheren, vor der Gerichtsreform 
vom Jahre 1864: geltenden Civilprozessordnung folgender Artikel 
enthalten war (Art. 65 Bd. XVI Abschn. 2 des „Swod Sakonow“): 
„Russische Unterthanen, welche in einem fremden Staate auf 
Grund dortiger Gesetze Verpflichtungen eingegangen sind und 
Verträge geschlossen haben, können auch nach ihrer Heimkehr 
nach Russland die Erfüllung derselben nicht verweigern unter 
dem Vorwande des Ablaufes der Verjährungsfrist, wenn besagte 
Verpflichtungen, auch nach Ablauf dieses Termins, nach den 
Gesetzen des Staates, wo sie zu stande gekommen sind, ihre Kraft 
behalten. Zur Verhütung von Missverständnissen, die in den 
Gerichtsbehörden durch Unkenntnis der ausländischen Gesetze 
entstehen können, unterliegen die Entscheidungen ın diesen 
Sachen der Bestätigung des Senats.“ Es ist daher einiger Grund 
zu der Annahme vorhanden, dass unter dem Einfluss der im 
Archiv für öffentliches Recht. XVII 4. 34
	        
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