Full text: Archiv für öffentliches Recht.Siebzehnter Band. (17)

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Weiter aber mag auch der Umstand eine neue Untersuchung 
dieser Frage rechtfertigen, dass der bisherige Zustand derselben 
ein so durchaus unbefriedigender ist. Denn wohl über wenige 
Materien gehen die Meinungen so auseinander, wie über das 
Ebenbürtigkeitsprinzipr. Die Doktrin des 18. und 19. Jahr- 
hunderts hat sich recht eingehend mit ihm beschäftigt. Trotz- 
dem hat man sich über dasselbe nicht einigen können, sondern 
es stehen die verschiedensten Ansichten sich gegenüber. Die 
einen leugnen seine gemeinrechtliche Geltung überhaupt! und 
wollen es nur da anerkennen, wo es durch Hausgesetze ausdrück- 
lich aufgestellt ist — gemeinrechtlich, so erklären sie, genüge 
überall niederer Adel. Ja BLUNTSCHLI ging sogar noch weiter 
und wollte selbst dem höheren Bürgerstande Ebenbürtigkeit mit 
dem hohen Adel zugestehen?. In schroffem Gegensatz dazu er- 
klärten andere, das Ebenbürtigkeitsprinzip sei umgekehrt beim 
hohen Adel allgemein in Geltung, wo nicht ausdrücklich durch 
statutarische Festsetzungen oder deutlich nachweisbare Observanz 
niederer Adel für ausreichend erklärt werde®. Nicht weniger ist 
man verschiedener Ansicht über die Zeit der Entstehung 
dieses Prinzips. Die einen lassen es aus dem Mittelalter der 
Neuzeit überkommen sein; andere behaupten im Gegenteil, im 
Mittelalter habe das Connubium zwischen hohem und niederem 
Adel uneingeschränkt zu Recht bestanden, und noch im 16. Jahr- 
hundert habe das römische Recht dem damals langsam auf- 
kommenden Ebenbürtigkeitsprinzip erfolgreich Widerstand ge- 
leistet. Erst in der Zeit des Absolutismus sei es in verschiedenen 
Häusern durchgedrungen, wobei dann die Vertreter dieser An- 
sicht wieder verschiedener Ansicht darüber sind, ob es damals 
! ZoEPFL, Ueber Missheiraten in den regierenden deutschen Fürsten- 
häusern, Stuttgart 1853, S. 59f. 
® BLuntscaus, Deutsches Privatrecht, München 1864, $ 148, 3. 
® Von neueren seien nur genannt GERBER, Deutsches Privatrecht, Jena 
1891, S.376 Anm. 7; GIERKE, Deutsches Privatrecht, Leipzig 1895, S. 4031.
	        
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