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sich unter diesen und erniedrigt seinen eigenen Stand. Darum
stellt der Sachsenspiegel die geistlichen Fürsten über die welt-
lichen, weil letztere „der bischove man worden sin“?‘. Nahm
nun ein Hochadliger eine Frau aus niederem Adel, dann kam
sein Sohn und Nachfolger, da er ja der ärgeren Hand folgte,
in den niederen Adel, wurde also den Vasallen seines Vaters
gleichgestellt. Nahmen diese nun nach dem Tode des Vaters
ihre Lehen von ihm, so kamen sie eine Stufe tiefer in dem
Lehensverbande, erniedrigten, wie man sich damals ausdrückte,
ihren Heerschild. Waren sie vormals Dienstmannen eines Hoch-
adligen gewesen, so waren sie nun Dienstmannen eines Mitgliedes
des niederen Adels. Daraus folgte, dass, wenn sie vorher selbst
Mitglieder des niederen Adels gewesen waren, sie nun unter diesen
sanken. Darum erheben so oft die Reichsministerialen Einspruch,
wenn der Kaiser sie einem Fürsten überlässt; ihre lehensrechtliche
Stellung wurde dadurch verschlechtert. Waren sie auch unfrei,
so standen sie doch lehensrechtlich nur unter dem Kaiser und
waren somit in dieser Beziehung den Landesfürsten gleich, die
ja auch, ganz wie sie, nur unter dem Kaiser standen. Jetzt aber
kamen sie unter die Landesfürsten und somit lehensrechtlich auf
die Stufe der Mittelfreien. Und das Leehensrecht war allmählich
das wichtigere Recht geworden. Der niedere Adel hatte also
selbst ein Interesse daran, dass der Hochadel ebenbürtige Ehen
schloss.
Das Ebenbürtigkeitsprinzip in der Geschichte.
89.
So standen die Sachen im 12. und 13. Jahrhundert; ja noch
im 14. Jahrhundert lassen sich, wie wir an dem oben citierten
Spruche Kaiser Ludwigs gesehen haben, Spuren dieser Auffassung
nachweisen. Allmählich aber macht sich ein Wechsel in den An-
2 Art.382.