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von den Markgrafen von Kärnthen, die Trautmannsdorff
von den alten Grafen von Tirol — so dass ihre Rechtsanschau-
ung bezüglich des Ebenbürtigkeitsprinzips die alter Grafenhäuser
zu sein schien.
S 12.
Diese neuen Familien, die so in den hohen Adel eintraten,
veränderten infolge dessen ihre alten, hergebrachten An-
sichten über das Eherecht nicht. Ihre Frauen hatten sie
bisheran aus den Kreisen ihrer Standesgenossen, aus dem niederen
Adel, genommen. Die Anschauung, dass das verboten wäre,
hätte sich auf dem Wege des Gewohnheitsrechtes nur in langen
Zeiträumen bilden können. Das Rechtsbewusstsein ändert sich
nicht so rasch. Positive Gesetze können allerdings heute ver-
bieten, was gestern noch gestattet war. Wo aber die Verbind-
lichkeit auf dem Rechtsgefühl basiert, auf dem Bewusstsein, dass
“etwas von jeher nicht erlaubt war, dass man zu einem bestimmten
Thun oder Unterlassen rechtlich verpflichtet sei, nicht, weil eine
massgebende Autorität es so vorgeschrieben hat, sondern weil
das Recht das immer so verlangt hat, da muss eine lange Zeit
vergehen, ehe eine Anschauung untergeht und eine neue sich
bildet. Denn der Werdegang muss in der Weise verlaufen, dass
es zunächst als unerwünscht, dann als unpassend angesehen wird,
um schliesslich als nicht gestattet, als verboten zu erscheinen.
Darüber vergehen gemeiniglich Menschenalter. Denn die An-
schauung, die jemand während seiner Jugend erworben, hält er
meist während seines Lebens fest, und erst mit den kommenden
Geschlechtern wächst eine andere Rechtsanschauung auf. Wo
also diese neuen Geschlechter des Hochadels nicht durch auto-
nome Vorschriften ihr Eherecht neu regelten, da blieben sie
naturgemäss bei ihrer alten, hergebrachten Anschauung, die
Ehen mit dem niederen Adel gestattete.
Um so weniger konnten sie von ihr sich befreien, als meist
nur ein einziger Zweig der Familie es war, der die Auf-