Full text: Archiv für öffentliches Recht.Siebzehnter Band. (17)

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Den Ausgangspunkt bildet eine Analyse des Begriffes des Befehls 
(S. 113ff.). Der Verf. definiert ihn als „die mit verpflichtender Wirkung 
vorgenommene Bestimmung der Handlungsweise eines Dritten“ (soll heissen 
eines „anderen“). Diesen Begriff wendet er auf den Gesetzesbefehl an 
(S. 119 ff). „Die Vornahme dieses Befehlsaktes besteht darin, dass der oder 
die dazu Berufenen mit einer die Staatsunterthanen verpflichtenden Wirkung 
die Handlungsweise derselben inhaltlich bestimmen, oder mit anderen Worten, 
dass sie mit einer die Staatsunterthanen verpflichtenden Wirkung denselben 
gegenüber die Erklärung abgeben, dass sie die betreffenden Handlungen von 
ihnen vorgenommen wissen wollen.“ Daraus schliesst der Verf., „dass alle 
diejenigen, deren diesbezügliche Willenserklärung zum Zustandekommen des 
Gesetzes, mit anderen Worten zum Eintritte der rechtlichen Verpflichtung 
der Staatsunterthanen, rechtlich erforderlich ist, dadurch eben, dass sie diese 
Erklärung den Staatsunterthanen gegenüber abgeben, die Erteilung des Ge- 
setzesbefehls gemeinschaftlich vornehmen“. „Demnach ist die den Staats- 
unterthanen gegenüber abzugebende, zum Zustandekommen des (Gesetzes 
rechtlich erforderliche Erklärung, dass man den Gesetzesinhalt wolle, stets 
auch Erteilung des bezüglichen Gesetzesbefehls, resp. wo mehrere diese 
Erklärung abzugeben haben, Teilnahme an der von diesen mehreren ge- 
meinsam vorgenommenen Erteilung des Gesetzesbefehls.*“ Diese Deduktion 
wäre einleuchtend und unanfechtbar und bedürfte gar nicht der nachfolgenden 
Argumente, wenn die Voraussetzung richtig wäre, dass das Parlament seine 
Erklärung den Unterthanen gegenüber abgiebt. Dies ist aber nicht 
der Fall; das Gegenteil entspricht dem wahren Sachverhalt. Das Parlament 
in den konstitutionellen Monarchien Deutschlands sowie in Oesterreich richtet 
seine staatsrechtlich erheblichen Erklärungen niemals an die Unterthanen, 
sondern in allen Fällen an den Monarchen oder dessen Regierung (Minister). , 
Dies gilt auch von der Gesetzgebung; das Parlament erklärt dem Monar- 
chen seine Zustimmung, dass dieser das Gesetz, dessen Wortlaut die Re- 
gierung mit dem Parlament vereinbart hat, erlasse. Der Eingang jedes Ge- 
setzes giebt diesem Verhältnis einen durchaus entsprechenden Ausdruck. Er 
lautet nicht: „Wir der König und Wir das Parlament verordnen gemein- 
sam“, sondern: „Wir der König verordnen nach erteilter Zustimmung (oder 
mit Zustimmung) der Kammern.“ Die Erklärung des Befehls den Unter- 
thanen gegenüber geht vom Monarchen allein aus. Die Zustimmung des 
Landtags ist eine verfassungsmässige Vorbedingung für den Erlass dieser 
vom Monarchen allein ausgehenden Erklärung. Das Privatrecht bietet zahl- 
lose Analogien. Ein Rechtsgeschäft einer Ehefrau, zu welchem der Mann 
ihr seine Einwilligung erteilt hat, ist kein gemeinsames Rechtsgeschäft der 
Ehefrau; das Rechtsgeschäft eines Handelsgesellschafters, welches er mit Zu- 
stimmung seiner Socii abgeschlossen hat, ist eine Willenserklärung dieses Ge- 
sellschafters. Dem Verf. selbst ist dieses Bedenken gegen seine Beweisführung 
nicht entgangen; aber die Art, wie er dasselbe zu beseitigen sucht, steht in
	        
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