Full text: Archiv für öffentliches Recht.Siebzehnter Band. (17)

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der Hervorhebung, dass die Verf. nicht zu denjenigen gehören, welche von 
der gewohnheitsmässigen Betrachtung des Einzelstaates und seiner klassi- 
schen Einfachheit und Grösse so hypnotisiert sind, dass sie die Existenz 
nichtsouveräner Staaten nicht wahrnehmen und bestreiten. Sie verschliessen 
sich nicht der Erkenntnis, dass das Wesen des zusammengesetzten Staates 
darin besteht, dass Staaten einer sie bekerrschenden höheren Staatsgewalt 
unterworfen sind und nur der letzteren die Eigenschaft der Souveränetät zu- 
kommt. Wenn aber die Glieder des zusammengesetzten Staates trotz des 
Mangels der Souveränetät Staaten sind und gerade dadurch der Staatenstaat 
von dem dezentralisierten Einzelstaat sich unterscheidet, so erhebt sich die 
Frage, welches Kriteriam für den Staat wesentlich ist und wodurch sich der 
nichtsouveräne Staat von dem Kommunalverband und der Bundesstaat vom 
Staatenbund unterscheidet. In allen diesen Gedankengängen befinden sich 
die Verf. im Einklang mit der neueren deutschen Staatsrechtswissenschaft. 
Der Entwicklung ihrer eigenen Theorie schicken sie eine kritische 
Betrachtung der in der deutschen Wissenschaft versuchten Lösungen des 
Problems voraus. Sie unterscheiden in dieser Beziehung zwei Richtungen, 
als deren Hauptvertreter sie einerseits mich und JELLINEK, andererseits 
Rosın und BrıE bezeichnen. Die erste dieser beiden Theorien sieht das 
Wesen des Staates in dem eigenen Herrschaftsrecht oder dem' sich selbst 
frei bestimmenden Willen, die andere in dem nationalen oder universellen 
Zweck. Beide Merkmale erklären die Verf. für sich allein für ungenügend; 
die richtige Lösung sei in einer Kombination beider zu finden. Das eigene 
Herrschaftsrecht sei zwar ein wesentliches und charakteristisches Erfordernis 
des Staates, aber ohne Angabe des Zweckes, zu welchem die Herrschaft 
diene, sei das eigene Herrschaftsrecht ein inhaltsloser Begriff. Nach der An- 
sicht der Verf. können auch Gemeinden Herrschaftsrechte haben, aber nur 
zur Durchführung der ihnen zustehenden Aufgaben, nicht für die staatlichen 
Zwecke. Es sei das Verdienst von Rosın und BriıE, darauf hingewiesen zu 
haben, dass zur Definition des Staates die Bezugnahme auf seinen Zweck 
gehöre, obgleich die Charakterisierung desselben als national oder universell 
zu unbestimmt und ungenügend sei. Andererseits erfordere die Durchfüh- 
rung der staatlichen Zwecke eine Gewalt, eine Herrschaft, ohne welche ein 
Staat undenkbar sei. Die richtige Begriffsbestimmung des Staates sei also 
eine Staatsgewalt zur Verwirklichung des Staatszwecks; das hierin verbun- 
dene doppelte Merkmal bilde das Wesen des Staates. Es müsse daher unter- 
sucht und festgestellt werden einerseits, worin der Zweck des Staats besteht, 
und andererseits wie die Staatsgewalt diesen Zweck verwirklicht. 
Dieser Präzisierung des Problems kann man zustimmen; es fragt sich 
nur, wie es gelöst wird. Hierzu verwenden die Verf. ein Mittel, welches 
auch in der deutschen Litteratur eine Zeitlang eine grosse Rolle gespielt 
hat, jetzt aber als abgebraucht, ja meistens als gänzlich abgethan angesehen 
wird, nämlich die Gegenüberstellung von Gesellschaft und Staat. Die Inter-
	        
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