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Verständlichkeit selbst des juristischen Inhaltes nicht ausscheiden lassen. Sa
bedeutet denn die JELLINER’sche Staatslehre eine starke Annäherung an die
vom Rezensenten in der Kritik von JELLINEK’s System der öffentlichen sub-
Jektiven Rechte! vertretene Anschauung, dass wegen der Unübersehbarkeit
und Kompliziertheit der konkreten staatsrechtlichen Gebilde die Verlässlich-
keit der induktiven Ergebnisse auf diesem Gebiete nur eine sehr bescheidene
sein, und dass sich die Konstruktion staatsrechtlicher Begriffe mit der
von JELLINEK geforderten Strenge von der Mitverwendung nichtjuristischer
Hülfsvorstellungen nicht fernhalten könne. Kurz, wir sehen nunmehr auch
bei JELLINEK an Stelle der von ihm ursprünglich vertretenen streng juristi-
schen die von STOERK geforderte publizistische Methode? bei der Bestimmung
und Behandlung der staatsrechtlichen Gebilde zu vollen Ehren kommen.
Rezensent muss es sich vorbehalten, die Gründe für die Notwendigkeit
dieser methodologischen Wandlung JELLINER’s an einer anderen Stelle mit
der durch die Bedeutung der Sache geforderten Ausführlichkeit zu ent-
wickeln. Sicher bietet uns JELLINEK auf Grundlage dieser Methode eine
glänzende Entwicklung der Probleme der konstitutionellen Staatsidee, eine
erschöpfende Zusammenfassung der Rechtsvorstellungen, aus welchen sie sich
herausgebildet hat, eine auserlesene Fülle von hermeneutischen Vorstellungen
aus dem Gebiete der Philosophie, Geschichte, Politik und Sozialethik, ohne
welche auch die Darstellung des positiven Staatsrechts zu einer unfrucht-
baren, juristisch formalen Uebung oder zu einem seichten Gesetzespara-
graphen herabsinken müsste. So wird denn geraume Zeit das JELLINEK’sche
Werk die Bedeutung eines politischen Bildungsmittels ersten Ranges behaupten.
Wien. Friedrich Tezner.
Franz Burchardt, Amtsrichter in Berlin, Die Rechtsverhältnisse der
gewerblichen Arbeiter. Berlin, Verlag von Franz Vahlen, 1901.
180 S. Preis M. 1.80.
Die Rechtsverhältnisse der gewerblichen Arbeiter sind in neuerer Zeit
mehrfach Gegenstand systematischer Behandlung geworden. Die BURCHARDT-
sche Arbeit sucht hierbei insbesondere die aus der Praxis bekannt gewordenen,
auf den gewerblichen Arbeitsvertrag bezüglichen Entscheidungen der ordent-
lichen Gerichte und der Gewerbegerichte zu verwerten. Sie bietet in syste-
matischer Verarbeitung eine reichhaltige Zusammenstellung solcher Fälle und
der mit ihnen in Verbindung stehenden, bezw. sonst in Litteratur und
Rechtsprechung zu Tage getretenen Zweifelsfragen, zu denen der Verf. auch
seinerseits mit kurzer Begründung des von ihm vertretenen Standpunktes
ı Grünsur's Zeitschrift 21. Bd. 8. 253, 153f., 163ff.
?2 (rünnur's Zeitschrift 12. Bd.