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friedigt nur das Einleitungskapitel über die handelspolitischen Systeme wenig,
die folgenden Kapitel über die Zölle, Zolltarife, Handelsverträge, Meist-
begünstigungsverträge, über die zollpolitischen Verkehrsbegünstigungen, zoll-
politischen Verkehrsanstalten, Handelsstatistik und Handelsbilanz sind da-
gegen recht geschickt und namentlich für didaktische Zwecke unzweifelhaft
geeignet. Hier steht das Lehrbuch ziemlich auf der Höhe, und sein Verf.
erweist sich als unzweifelhafter Spezialist auf diesem Gebiete. Die Vorzüge
des zweiten Teiles des Grunzeu’schen Buches sind so in die Augen fallend,
dass es wohl keinem Zweifel unterliegt, dass das Buch viel benutzt und eine
grosse Verbreitung finden wird. Als Lehrbuch für Studenten zieht der Ref.
freilich van DER BoreHr’s „Handel und Handelspolitik* (Leipzig 1900) und
als System für Fachleute Gustav Conn’s „Nationalökonomie des Handels und
des Verkehrwesens“ (Stuttgart 1898) entschieden vor. Das Grunzeu'sche Buch
ist aber übersichtlicher, handlicher und billiger als die beiden genannten
anderen Werke und setzt weniger Vorkenntnisse voraus.
Giessen. M. Biermer.
Robert Herold, Der schweizerische Bund und die Eisenbahnen
bis zur Jahrhundertwende. Mit einer kartographischen Beilage.
(Münchener volkswirtschaftliche Studien, 49. Stück.) Stuttgart und
Berlin, J. G. Cotta’sche Buchhandlung Nachf. (G. m. b. H.), 1902.
8%. 3718. M. 8—.
Eine eigentliche Geschichte der schweizerischen Eisenbahnpolitik be-
sassen wir bislang nicht. HrroLp hat also nicht nur seiner engeren Heimat
einen Dienst erwiesen, indem er diese Lücke ausfüllte, sondern hat durch
seine Studie die verkehrspolitische Fachlitteratur in trefflicher Weise be-
reichert. Sein Buch ist in hohem Grade interessant, vorzüglich geschrieben,
und ein grosses, zerstreutes und deswegen schwer zugängliches Material ist
in übersichtlicher Weise verarbeitet. In einem ersten Hauptteile, der etwa
ein Drittel der Monographie einnimmt, wird die Entwicklung des schweize-
rischen Eisenbahnwesens bis 1891, d. h. bis zu jenem Zeitpunkte, wo die
Verstaatlichungsaktion kräftiger einsetzt, geschildert. Hier interessieren uns
besonders das Eisenbahngesetz von 1852, die Konzessionspolitik, die Er-
weiterung der Kompetenzen des Bundes auf dem Gebiete des Eisenbahn-
wesens in den Jahren 1869 bis 1875, die Eisenbahnkrisis in den 70er Jahren
und die sich hieran sehliessenden Reformvorschläge. Soviel der Ref. sehen
kann, enthält die HmrouLp’sche Darstellung vieles Neue und ergänzt zwei
andere zusammenfassende Darstellungen, die von WeEIssEnBAcH (Die Ent-
wicklung der Eisenbahnen in der Schweiz, Archiv für Eisenbahnwesen, 1898)
und die von KELLEr (Der Staatsbabngedanke in den verschiedenen Ländern,
Aarau 1897) nach verschiedenen Richtungen hin.