— 616 —
nachzuprüfen. Er kommt hierbei zu sehr bemerkenswerten und neuen Re-
sultaten, die besonders wertvoll dadurch werden, dass er überall die deutschen
Bankzustände mit den britischen vergleicht. Der Raum, der mir für die
Besprechung zur Verfügung steht, gestattet leider nicht, dem Gedankengang
‚des Verf. in wünschenswerter Ausführlichkeit zu folgen. Ich kann deswegen
nur auf einige wenige Punkte rein referierend hinweisen, im übrigen aber
die sehr lesenswerte Studie allen Fachleuten zur Lektüre dringend empfehlen.
Gerade in der gegenwärtigen Zeit, wo wir in Deutschland eine schleichende
Wirtschaftskrisis durchzumachen haben und mannigfaltige Vorschläge im
Sinne des Ausbaues und der Verschärfung unseres Bankrechts veröffentlicht
werden, verdient das WeEsEr’sche Buch besondere Beachtung. WEBER be-
ginnt mit einem Vergleich des Notenbankwesens in England und Deutsch-
land. Er hält sich hierbei nicht lange auf, weil kaum viel Neues über diesen
Gegenstand zu sagen ist. Das englische Zettelbankwesen ist in Deutschland
hinreichend bekannt und was ScHÄFFLE über dasselbe vor fast 50 Jahren ge-
sagt hat, gilt auch in der Gegenwart: „Das geltende Recht über das und der
faktische Bestand des englischen Zettelbankwesens ist ein so wunderliches
Gemisch von Freiheit und Beschränkung, von Monopol und Gewerbsfreiheit,
von doktrinär-dogmatischer und historisch zufälliger Anlage, wie es heut-
zutage nur in Grossbritannien denkbar ist.“ Die deutsche Reichsbank genügt
nach WEBER ihren volkswirtschaftlichen Aufgaben in weit grösserem Masse
als die Bank von England, obgleich sie mit geringerem Grundkapital arbeitet,
mit sieben nicht unbedeutenden Privatnotenbanken zu rechnen hat und, was
den Abrechnungsverkehr anbetrifft, auf Gewohnheiten angewiesen ist, die sich
erst langsam dem britischen Vorbilde nähern. Den hauptsächlichsten Vor-
sprung vor der Bank von England hat die deutsche Centralbank dadurch,
dass ihr Barreservesystem tragkräftiger ist, und sie nicht von den privaten
Depositenbanken überflügelt worden ist.
Ein zweiter Abschnitt behandelt die Organisation der englischen und
deutschen Depositen- und Spekulationsbanken, ein dritter, besonders wich-
tiger und umfangreicher, Abschnitt die Thätigkeit der Banken. Beide ge-
hören eng zusammen. Sowohl in Grossbritannien wie in Deutschland hat
sich die Tendenz zum Bankgrossbetrieb wirksam gezeigt. In England sind
die Banken mit kleinerem und mittlerem Kapital nicht nur stark zurück-
gegangen, sondern auch das Kapital der Grossbanken hat sich von Jahr zu
Jahr. verstärkt, zum Teil durch Aufsaugung kleinerer Institute, zum Teil
durch Neuemissionen von Aktien. Namentlich in der allerletzten Zeit hat
diese Konzentration des Bankwesens rapide Fortschritte gemacht, und
speziell in dem letzten Jahrzehnt sind die. Provinzialbanken zu Gunsten der
Londoner Institute stark zurückgedrängt worden. In verhältnismässig kurzer
Zeit ist die Zahl der britischen ‚Provinzialbanken auf die Hälfte zurück-
gegangen. Aehnlich liegen die Verhältnisse in Deutschland. Auch hier
zeichnen sich die Grossbanken durch starke Steigerung ihres Grundkapitals
’