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Die Wahlprüfung.
Obgleich die umfassendsten Vorkehrungen getroffen werden,
um ein völlig einwandfreies Wahlergebnis herbeizuführen, so ist
doch eine genaue Prüfung des Verfahrens unerlässlich, ehe die
vorgenommene Wahl als giltig bestätigt werden kann.
Diese Prüfung der Wahlen steht nach sächsischem Staats-
rechte jeder Kammer für ihre Mitglieder zu; die Kammer hat
auch die entstehenden Zweifel zu entscheiden (86 Abs. 1 Land-
tags-O. vom 12. Okt. 1874). Aus der Fassung dieser Bestim-
mung und bei einer Vergleichung derselben mit den gleichfalls
den Gegenstand der Wahlprüfung behandelnden $8S 6 und 34
W.-G. I ergiebt sich, dass die Kammer nicht nur Zweifel über
Stimmberechtigung und Wählbarkeit, sofern einem Mitgliede der
Kammer die Mitgliedschaft entzogen werden soll, und nicht nur
über Einsprüche gegen die Gültigkeit der Wahl eines ihrer Mit-
glieder zu entscheiden hat, sondern berufen ist, von Amts wegen,
ohne Anregung von aussen, die Wahl ihres Mitglieds zu prüfen,
also festzustellen, dass die vom Wahlkommissar mit Legiti-
mationsurkunde versehene Person thatsächlich die Wählbarkeit
besitzt und aus einem den gesetzlichen und reglementären
Bestimmungen entsprechenden Wahlverfahren hervorgegangen
ist. Daneben liegt aber der Kammer noch ob, auch nach Be-
endigung des Wahlprüfungsverfahrens ständig die Legitimation
ihrer Mitglieder zu prüfen; denn nur der Kammer steht das
Recht zu, einem ihrer Mitglieder die Mitgliedschaft zu ent-
ziehen.
Das Wahlprüfungsverfahren einschliesslich der etwa später
erforderlich gewordenen Legitimationsprüfung findet nach säch-
sischem Rechte keineswegs vor einer einzigen Wahlprüfungs-
kommission, was im Interesse der Einheitlichkeit der Ent-
scheidungen wünschenswert wäre, sondern vor einer der fünf
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