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massgebend für die Zuständigkeit eines anderen Beamten ist (8. 433 ff.).
Die Subordination des Beamten unter die Regierung bestehe in allen Fällen
lediglich in der negativen Verpflichtung, den Kreis seiner Zuständigkeit
nicht zu überschreiten. Eine Dienstenweisung, welche die gesetzlichen
Kompetenzgrenzen nicht verändere, habe gar keine rechtliche Bedeutung
und ihre Befolgung sei in das völlig freie Belieben des Beamten gestellt;
sie sei nur eine Direktive für die Beamten, welche wegen der Gefahr ihrer
Absetzung bei ihnen Beachtung findet (S. 445). Da die Beamten im Inter-
esse der Freiheit von den Herrschenden unabhängig sind, so bedarf es wieder
gewisser Schutzmittel, um die Freiheit der Individuen vor der Willkür der
Beamten zu sichern. Unter diesem Gesichtspunkt betrachtet der Verf. die
Disziplinargewalt, die Ueberordnung der Instanzen und die Dienstaufsicht.
Da es nach dem Verf. keine Staatsgewalt, keine staatliche Herrschaft giebt,
so kann auch die Disziplinargewalt nicht auf ihr beruhen; indem das objektive
Recht gewisse Thatbestände mit Strafe bedroht, schafft das verurteilende
Erkenntnis eine neue subjektive juristische Situation des Verurteilten; es ist
also der Sache nach ein Verwaltungsakt. In dieser Hinsicht stehen sich
Strafurteil und Disziplinarurteil gleich; der Unterschied zwischen beiden
besteht darin, dass die Strafsachen den Gerichten übertragen, die Disziplinar-
sachen den Verwaltungsbehörden verblieben sind (S. 464 ff.).
Das umfangreiche Kapitel V behandelt die Rechtsverhältnisse der
Beamten; es geht mehr wie die vorhergehenden auf die positiven Gesetze
Frankreichs ein. Die Erörterungen sind zum Teil recht interessant; sie
beruhen auf der Ansicht, dass der Beamte weder subjektive Rechte noch
subjektive Pflichten hat, sondern sich lediglich in einer vom objektiven
Recht geschaffenen oder bestimmten rechtlichen Situation befindet (S. 491 ff.).
Dies wendet er nicht nur auf die Zuständigkeit des Beamten, sondern auch
auf die Ansprüche auf Gehalt und Pension (S. 555ff.), und auf die Ent-
lassung an (8. 573ff.). In sehr eingehender und eigentümlicher Art behandelt
er die Dienstpflicht, insbesondere die Gehorsamspflicht und die Verantwort-
lichkeit der Beamten, die er natürlich ebenfalls mit seinen mehrfach er-
wähnten Grundprinzipien in Einklang zu setzen sucht.
Das letzte Kapitel endlich handelt von den Beamten der Selbst-
verwaltungskörper (les agents decentralises). Die Selbstverwaltung sowie den
Bundesstaat hält er für unvereinbar mit der Vorstellung von der Einheit
und Unteilbarkeit der souveränen Staatsgewalt. Er bestreitet, dass die
Selbstverwaltungskörper eigene Rechte haben und sie durch ihre Beamten
ausüben; auch eine Delegation solcher Rechte vom Staat an die Kommunal-
verbände und Gemeinden finde nicht statt. Den Unterschied zwischen den
Staatsbeamten und den Beamten der Selbstverwaltungskörper sieht er allein
darin, dass die ersteren der Leitung und Ueberordnung der Herrschenden,
die letzteren nur der Oberaufsicht derselben unterstellt sind; beiden gemein-
sam dagegen ist, dass ihre Zuständigkeit eine objektive Machtbefugnis ihres