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Auffassung bestärkt. Das Jahr 1901 hat auch insofern eine Besserung der
schweizerischen Geldverhältnisse gebracht, als eine ausserordentlich starke
Goldeinfuhr, namentlich aus Frankreich, stattgefunden hat. Man schätzt den
Nettozuwachs auf 65 Millionen Franken. Gleichzeitig hat sich der Gold-
vorrat der schweizerischen Notenbanken nicht unerheblich vermehrt, und
auch der freie Geldumlauf wurde mehr als früher mit Gold durchsetzt. Diese
Ereignisse haben die Karkmannsche Untersuchung zum Teil überholt, ohne
aber ihrem dauernden Werte irgendwelchen Abbruch zu thun. Die Kark-
MANNsche Denkschrift, deren Lektüre jedem Fachmann aufs das wärmste em-
pfohlen werden kann, ist jedenfalls eine der gediegensten und scharfsinnig-
sten Arbeiten, die neuerdings auf dem Gebiete des Geld-, Bank- und Wechsel-
kurswesens überhaupt veröffentlicht worden sind.
Giessen. M. Biermer.
Karl Völsing, Das Vereins- und Versammlungsrecht im Grossher-
zogtum Hessen. Giessen, Hof- und Universitätsdruckerei (O. Kindt),
1902. 8%. 104 8,
Zu denjenigen deutschen Bundesstaaten, deren gesetzliches Vereins-
und Versammlungsrecht stark veraltet ist, gehört das Grossherzogtum Hessen.
Die einzige Rechtsquelle für das Vereinsfecht ist der bekannte Bundes-
beschluss vom 13. Juli 1854, der dort, formell betrachtet, ebenso wie noch
in einigen anderen deutschen Staaten zu Recht besteht. Das Eigenartige
aber an diesem Zustande ist weniger die veraltete, mit modernen Anschau-
ungen im Widerspruch stehende Rechtsquelle, als die Thatsache, dass dieses
Vereinsgesetz in Hessen stillschweigend obsolet geworden ist und nirgends
mehr zur Anwendung kommt. Die vorliegende Studie von VÖLSINe, eine
Giessener Doktordissertation, hat es sich deswegen zur Aufgabe gestellt, das
hessische Vereinsrecht, wie es seit längerer Zeit und übereinstimmend that-
sächlich gehandhabt wird, an der Hand der Praxis der Behörden klar zu
stellen. Wir haben also den nicht gerade häufigen Fall einer Untersuchung
über eine gewohnheitsrechtliche Materie des Verwaltungsrechtes, Auf die
Einzelheiten können wir hier nicht eingehen. Wir konstatieren nur, dass
VöLsme auf Grund gründlicher geschichtlicher Studien und auf Grund zu-
verlässiger Angaben der Kreisämter den Beweis erbringt, dass die hessische
Vereinsaufsicht in der Praxis sehr weitherzig gehandhabt wird, womit das Land
zu einem ebenso freien Vereinsrechtszustande gekommen ist, wie der noch
geltende Bundesbeschluss von 1854 reaktionär und bureaukratisch ist. VÖL-
SING ist es gelungen, auf Grund dieses Nachweises eine systematische Dar-
stellung des thatsächlichen Vereinsrechtes, die einen ganz abgerundeten
Eindruck macht, auf konstruktivem Wege zu geben.
Auf etwas sichererem Boden als die Sätze des Vereinsrechtes steht das
geltende Versammlungsrecht Hessens, insofern als wenigstens über das ihm