Full text: Archiv für öffentliches Recht.Achtzehnter Band. (18)

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Wettrennen nach Spenden aus den Mitteln der Allgemeinheit erwachsen 
nicht nur den staatlichen Finanzen, sondern auch der politischen und wirt- 
schaftlichen Moral die schwersten Schäden. Die bedeutende Zunahme der 
Staatsthätigkeit im letzten Viertel des 19. Jahrhunderts äussert sich beson- 
ders in einer enormen Steigerung des Aufwandes für den staatlichen Per- 
sonalbedarf. Er stieg allein bei der allgemeinen Staatsverwaltung (d. h. mit 
Ausschluss der Eisenbahnverwaltung) zwischen 1872 und 1900 von 11,3 auf 
32,8 Millionen Mark. Er hat sich also nahezu verdreifacht. Dieser Steige- 
rung entspricht einerseits eine Verdoppelung des Beamtenpersonals und 
andererseits eine Verbesserung seiner finanziellen Stellung. Insbesondere 
sind die mittleren und unteren Beamten, ebenso die Volksschullehrer durch 
Erhöhung der Gehalte, Ruhegehalte und Verbesserung der Hinterbliebenen- 
fürsorge wesentlich günstiger gestellt worden. Es ist die sozialpolitische 
Richtung im Staatsleben auch der Beamtenschaft gegenüber zur Geltung 
gekommen. Bei aller Anerkennung dieser Tendenz macht der Verf. den 
Gesichtspunkt geltend, dass der Staat den bisher ziemlich stiefmütterlich 
behandelten höheren Beamten in wohlverstandenem eigenen Interesse eine 
angemessene Gehaltserhöhung nicht versagen sollte. Er meint, dass gerade 
die tüchtigsten, für die höheren Stellungen geeignetsten und notwendigsten 
Kräfte bei ungenügender Dotierung dieser Posten sich den lohnenderen 
privaten Erwerbsmöglichkeiten zuwenden. Auch würde es sehr beklagens- 
wert sein, wenn die herkömmliche Rekrutierung eines namhaften Teils des 
wissenschaftlich gebildeten Beamtentums aus den Beamtenfamilien selber in 
Zukunft noch mehr als bisher eben wegen der finanziellen Lage dieser Fa- 
milien eingeschränkt werden müsste. Dieser sehr zutreffenden Erwägung ist 
hinzuzufügen, dass bei einer dauernd schlechten Dotierung besonders der 
höheren Justiz- und Verwaltungsstellungen diese zu einer Domäne der reichen 
Bourgeoisie und des begüterten Adels werden müssten, was gerade aus 
sozialen Gründen nicht als wünschenswert bezeichnet werden könnte. Im 
weiteren führt uns der Verf. die Entwickelung einzelner bemerkenswerter 
Ausgabezweige seit 50 Jahren vor. Auf dem Gebiet der Rechtspflege, des 
Unterrichtswesens, der Wissenschaften und Künste, der Gewerbe- und Land- 
wirtschaftspflege, des Strassen- und Wasserbaues hat eine erweiterte Staats- 
thätigkeit, eine bedeutende Vermehrung der Ausgaben bedingt, aber auch 
reiche Erfolge gezeitigt. Unter den Ausgabeposten des badischen Budgets 
besitzt besonders der Aufwand für die Eisenbahnschuld ein hohes finanz- 
politisches Interesse. In Baden herrscht von jeher das Staatseisenbahn- 
system, nur die Neben- und Kleinbahnen hat der Staat privaten Unter- 
nehmern überlassen. Man hat nun die Staatsbahnen als ausgeschiedenen 
Verwaltungszweig behandelt, d. h. man hat Verwaltung und Haushalt der 
Eisenbahnen von der übrigen Staatsverwaltung und dem Staatshaushalt 
völlig getrennt gehalten. Die Eisenbahnen liefern keinen Beitrag zu den 
allgemeinen Staatsausgaben, ihre Betriebsüberschüsse werden völlig zur Ver-
	        
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