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J. Westlake, L’'Angleterre et les Republiques boers. Etude de
droit international. Bruxelles und Paris, Alfred Castaigne und A. Fonte-
moing 1901. 184 S. 8°,
Verf. giebt eine Uebersicht über die Entwicklungsgeschichte der beiden
Republiken unter besonderer Berücksichtigung der rechtlichen Stellung zu
England. Die Darstellung zeichnet sich durch Objektivität aus und steht in
wohlthuendem Gegensatze zur bekannten Schrift von F. W. Reıtz, A cen-
tury of Wrong, deren Ausführungen Verf. des öfteren mit guten Gründen
widerlegt. Die Arbeit ist um so dankenswerter, als sie eine concise Zu-
sammenfassung der von WESTLARE bereits in der Revue de droit international
et de legislation comparee tomes: XX VIII (1896) und 2®me serie tom. II
(1900) und in The Transvaal War (1899) vertretenen Ansichten enthält. Das
Buch zerfällt in zwei Teile. Der erste Teil behandelt die Abtretung des
Kaplandes an England und die Gegensätze der Buren und Engländer, die
sich dahin zuspitzen, dass die Buren nach Norden ziehen und die Buren-
republik Natalia gründen. Hierauf folgt die immer weitere Verdrängung
nach Norden über den Vaal, das Beanspruchen der Orange River sovereignty
seitens der Engländer. Den Markstein in der südafrikanischen Entwicklungs-
geschichte bilden aber die Sand River Konvention (1852) resp. die Konvention
zu Bloemfontein, der Vertrag von Prätoria und endlich der Londoner Vertrag.
Vom Verf. wird im Laufe der Darstellung mit Recht darauf hinge-
wiesen, dass die Buren bereits in einem Abhängigkeitsverhältnisse zur ost-
indisch-niederländischen Compagnie mit einer Reihe von Gegensätzen standen,
an deren Stelle bloss England getreten ist (1814). Auch die Gegensätze
waren vielfach übernommen, mithin keineswegs bloss nationale, wie z. B.
die Sprachenfrage, Justizpflege (blak circuits, Cap of good Hope punishment
act), sondern auch kultureller und religiöser Natur, z. B. die Behandlung der
Sklaven. An der Hand der positiven Vertragsbestimmungen weist endlich
Verf. die Verletzungen derselben durch die Buren nach (Nichtbeachtung
der Grenzen, rechtswidrige Ueberschreitungen, Annexionen, Verletzungen
des Art. 4, der Londoner Konvention, Gründung des Afrikanderbund), und
widerlegt gewichtige Beschuldigungen, die gegen England erhoben wurden.
Der zweite Teil bringt die neuere Entwicklungsgeschichte und die
Ursachen des Krieges. Die Hauptursache lag in der schlechten
Behandlung der Uitlanders. Der entscheidende Streitpunkt lag darin,
dass England Bedingungen forderte für den einheitlichen Erwerb des vollen
Bürgerrechtes, die ganze folgende Gesetzgebung der Buren aber einen Unter-
schied zwischen vollem Bürgerrechte und einem Bürgerrechte minderer
Art aufstellte (Gesetz No. 4 und No. 5 von 1890, Gesetz von 1894).
Darnach wurde zur Erlangung des aktiven und passiven Wahlrechtes zum
zweiten und zum ersten Volksraad eine verschiedene Aufenthaltsdauer ge-
fordert. Es wurde ferner durch jene Gesetzgebung das Aufgeben der bis-
herigen Staatsangehörigkeit verlangt, ohne alle diejenigen Rechte zu gewähren,