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Arbeiten die Abhängigkeit Transvaals nach dem Londoner Vertrage als
völkerrechtliches Protektorat konstruiert hat und infolgedessen auch eine
nicht im Vertrage stehende Schutzpflicht Englands annehmen musste, hat er
nunmehr seine Ansicht wesentlich geändert und spricht von einem Abhängig-
keitsverhältnisse eigener Kategorie. Er hat jedoch keinen Einteilungsgrund
für dieses Abhängigkeitsverhältnis gegeben. Er leugnet bloss die Souveränität
und behauptet die Abhängigkeit. — Im engen Zusammenhange mit der
Suzeränitätsfrage steht auch die Frage eines Schiedsgerichtes zur Regelung
der Streitigkeiten zwischen Transvaal und England. Auch hierüber hat
lebhafte Verwirrung geherrscht. WESTLAKE selbst erachtet, als Folge seiner
Suzeränitätsauffassung, Schiedsgericht und Suzeränität für vereinbar, mithin
erst recht vereinbar Schiedsgericht und Londoner Konvention. Das Kolonial-
amt hingegen (Chamberlein) hält meines Erachtens mit Recht Schiedsgericht
und Suzeränität für unvereinbar, erachtete aber zu Unrecht, dass das Suze-
ränitätsverhältnis auch nach der Londoner Konvention von 1884 fortbestehe.
Nachdem WESTLAKE im Endergebnis die Möglichkeit einer schiedsgericht-
lichen Regelung bejaht, kommt er wieder mit Recht hinsichtlich der Durch-
führbarkeit und praktischen Anwendbarkeit eines Schiedsgerichtes in diesem
Spezialfalle zur Verneinung der Frage. Seine Ausführungen gipfeln im
Anschlusse an die Vorschlage der russischen Delegierten bei der Haager
Konferenz in folgendem: Handelt es sich um eine juristische Interpretation
eines Vertrages, dessen Gültigkeit beide Teile anerkennen, dann hat ein
Schiedsgericht guten Sinn. Wie konnte es aber zu einem Schiedsgerichte
zwischen Transvaal und England kommen, da rein politische Fragen im
Spiele standen, indem nicht beide Teile die Erhaltung des Londoner Ver-
trages wünschten. Die Buren betrachteten den Londoner Vertrag als
Provisorium, die Engländer forderten genaue Beobachtung desselben, es
handelte sich mithin nicht um eine Rechts-, sondern um eine eminent
politische Frage. Boghitchevitch.
Pierre Verdelot, Docteur en droit, Du Bien de Famille en Allemagne
et de la possibilite de son institution en France. Paris
(Rousseau), 1899. 653 S.
Die Fragen, betreffend die Reform des Erbrechts und der Erbsitten,
bilden heute eines der wichtigsten Anliegen aller derer, die eine soziale
Verbesserung wünschen und sich bemühen, den Zusammenhang der Familie
aufrecht zu erhalten, der sich in der Mehrzahl der Länder Europas unter
dem industriellen Drucke offenbar aufzulösen im Begriffe steht. In Frank-
reich hat man sich seit langem über die schlimmen Folgen beunruhigt,
welche seit einem Jahrhundert die fortgesetzte Anwendung des code civil
von 1804 in der angegebenen Richtung gehabt hat. Der code hat als be-
ständiger Zerteiler gewirkt und eine grosse Zerstückelung des Grundeigen-