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Peritch Jivoin, De la condition juridique des Bosniaques et des
Herzegoviniens en pays etrangers. Bruxelles.
Die Zahl der fachlichen Autoren nimmt in erfreulichem Masse zu, die
aus den umfassenden Gebieten der juristischen, nationalen und politischen
Probleme der sog. orientalischen Frage mit kundiger Hand wichtige Auf-
gaben herausgreifen und sie sachlicher Prüfung und Lösung zuführen. Der
diplomatische Dilettantismus aus der Mitte des neunzehnten Jahrhunderts
hat dadurch viel von seinen Schrecken für den Osten Europas eingebüsst.
Führende Stellung nimmt in der Gruppe dieser Eclaireurs im vornehmsten
Wortsinne Jıv. P£rıtcH ein mit Mit. VesnitcH, Bocısic, MiLsanıc VOJNovIc
ADALBERT SHEK u.a. Sie sichern mit klarem Blik den Zusammenhang ihrer
nationalen Rechtsaufgaben und Reformen mitder fachlichen Arbeit Deutschlands,
Frankreichs und der Slavenstämme, und sie erfüllen damit die grosse kulturelle
Mission innerhalb des Rechtslebens der europäischen Völker, nach dem Gesetze
der Kommunikationsgefässe, den Gleichstand der wissenschaftlichen Ent-
wicklung herzustellen. Der Punkt ist für die Ausgestaltung des europäischen
Geistes- und Verkehrslebens von weit grösserer Tragweite, als mancher selbst-
bewusste Träger der Kultur des Westens anzunehmen geneigt ist. Bei diesem
Ausgleichungsprozess — dies muss gerechterweise anerkannt werden — ist
das Verdienst dieser Männer um so grösser, als ihre Arbeit fast an keiner
Stelle innerhalb der deutschen, französischen und englischen Berufsgenossen-
schaft werkthätige Hülfe und Unterstützung findet. Sie überwinden siegreich
und in hartem Ringen die Sprachschwierigkeiten, ohne auf Reziprozität rechnen
zu können. Was sie somit ihrer engeren, national begrenzten Fachlitteratur
leisten, ist zugleich nach gewandter Uebertragung in eine der Weltsprachen
eingebrachtes Dotalgut für die grosse Rechts- und Verkehrswissenschaft der
europäischen Staaten und Völker.
P£rıtcH, der hervorragende Rechtslehrer der Belgrader Universität,
hat sich schon in zahlreichen früheren Arbeiten mit den vielverzweigten Fragen
der Staatsangehörigkeit eingehend beschäftigt; so in CLuxerts’ Journal du
droit international prive im Aufsatze „De la nationalite suivant
la legislation serbe“; und in der Pariser Revue de droitinternational
public hat er die eminent wichtigen Bestimmungen des Berliner Vertrages
auf diesen Punkt hin zum erstenmal einer dogmatischen Prüfung unterzogen.
Auch in der vorliegenden Studie geht er an einen Komplex von Fragen, die
in Wirklichkeit unter einer zweifachen Strahlenbrechung zu betrachten sind.
Hier sind politische und juristische Methode nicht Gegenstand persön-
licher Neigung und fachlicher Disposition, sondern sie legen sich auf dem
jungfräulichen Boden hier jedem zwangsweise auf, der das wirkliche Rechts-
leben in seinen Grundlagen zu entziffern bemüht ist, nicht nach der Formel:
aut—aut, sondern nach der viel mühevolleren des: et—et.
Dies zeigt sich sinntällig in den geistvollen Ausführungen des Verfassers
über die Tragweite des Art. 25 des Berliner Vertrages in Ansehung der