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Provinzen Bosnien und Herzegowina, die kraft europäischen Auftrages der
Verwaltung Oesterreich-Ungarns unterstellt sind. Verf. sucht für die Zwecke
tauglicher und gehaltvoller Rechtskonstruktionen dieGrenze zwischen Annexion
und widerruflichem Verwaltungsauftrag zu ziehen, da ja in der That mit den-
jenigen Erklärungen des Grundverhältnisses keinem Teile gedient ist, nach
denen der Türkei nur das nudum ius und der gesamte übrige Inhalt staat-
lichen Waltens, einschliesslich des ius repraesentationis omnimodae dem öster-
reich-ungarischen Kaiser- und Königstaate zufall. Er fasst die Vertreter
der modernen Souveränitätstheorie beim Worte und fordert kraft der Geltung
der letzteren die völkerrechtliche Anerkennung des Prinzips, dass die Ange-
hörigen der beiden türkischen Provinzen auch als Unterthanen der Pforte
zu gelten haben. Unzweifelhaft hat PürıtcaH hier zum erstenmale die verkehrs-
rechtlichen, prozessrechtlichen etc. Konsequenzen der von den zahlreichen
Autoren in bunter Abwechslung aufgestellten Theorien gezogen und an der
Hand der verschiedenen Systeme die Schwierigkeiten nachgewiesen, die sich
aus jenen widerspruchsvollen Konstruktionen ergeben müssen. Er prüft dabei
mit Umsicht und grosser Gründlichkeit alle Wirkungen des Staatsangehörig-
keitsprinzips in allen Gebieten des Privat-, des Straf- und Prozessrechts und
giebt so zugleich einen überaus gehaltvollen Beitrag zu dem noch unge-
schriebenen System des internationalen Privat- und Strafrechts sog. halb-
souveräner Staatsgebilde. Hier liegt meines Erachtens die wissenschaftliche
Fernwirkung der Untersuchung Pärıtchs, hier weit mehr als in der vom
Nationalitätenprinzip geleiteten Revindikation der zum grossserbischen Volks-
stamm unzweifelhaft gehörigen türkischen Staatsunterthanen der durch öster-
reichisch-ungarische Gesetze und Verordnungen in ihren Rechtsbeziehungen
beherrschten Angehörigen Bosniens und der Herzegowina. Man muss den
Ansichten P£rıteus nicht in allen Punkten Folge leisten, namentlich nicht
in den Ausführungen, in denen er sich den Anschein giebt, die Schwierig-
keiten allzu gering zu schätzen, mit denen Oesterreich-Ungarn seine Zugkraft
belastet hat, da es das Verwaltungsmandat Europas übernahm, und man wird
doch dem gelehrten Verfasser die Anerkennung nicht versagen können, dass
er uns in seiner gehaltvollen Schrift Proben feinster juristischer Diagnostik
schboten hat. Es giebt auch für das europäische Völkerleben durchdringende
Röntgenstrahlen, wenngleich man auch hier nicht immer gleich alles radikal
heilen kann, was man zu sehen gelernt hat; wir sind aber immer dem zu
Dank verpflichtet, der unsern Blick geschäft. Stoerk.