Full text: Archiv für öffentliches Recht.Achtzehnter Band. (18)

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durch gemeinsame Lebensweise, gemeinsame Bestrebungen und 
Ziele charakterisiert und dadurch aus dem Kreis der übrigen 
Stände herausgehoben sind; das ganze Ebenbürtigkeitsprinzip 
würde auf Zufälligkeit hinauslaufen. Dem niederen Adel fehlt 
diejenige Geschlossenheit, diejenige Einheitlichkeit der Ziele und 
Lebensaufgaben, welche den Herrscherstand auszeichnet; er bildet 
nicht eigentlich einen Stand, er besteht aus Persönlichkeiten, 
welche in die verschiedensten Stellungen und Berufsstände hinein- 
gestreut sind. 
Wie bereits bemerkt, ist dieser Gesichtspunkt bis jetzt wenig 
berücksichtigt worden; man hat unter dem Detail historischer 
Akribie die welthistorische Aufgabe, die Zwecke und Ziele des 
Institutes der Ebenbürtigkeit aus dem Auge verloren, so dass 
das ganze Ebenbürtigkeitsprinzip als Zufälligkeit erschien ohne 
tiefere Begründung. Das ist aber eine unrichtige Methode des 
Rechts; denn die Institute müssen nach ihrer inneren Begründung 
ausgelegt und verstanden werden. 
8 2. 
Dementsprechend haben auch diejenigen Schriftsteller, welche 
die Materie besonders eingehend historisch und systematisch 
durchgearbeitet haben, nämlich PÜTTER und GÖHRUM, das Institut 
der Ebenbürtigkeit in dem obigen Sinne aufgestellt und entwickelt, 
also in dem Sinne: der Herrenstand heirate in den Herrenstand. 
So ist es auch das gemeine Recht im 18. Jahrhundert gewesen, 
und ein entgegenstehender loserer Brauch einzelner Familien 
kann höchstens auf diese Familien zurückfallen: ein loserer Ge- 
brauch im ganzen, so dass etwa gewohnheitsrechtlich für die 
herrschenden Geschlechter oder für einzelne Arten derselben die 
Ehe mit Frauen niederen Adels ebenbürtig geworden wäre, lässt 
sich nicht aufstellen. Allerdings hat es Missbräuche gegeben, 
haben Konnivenzen stattgefunden: man hat dann und wann Ab- 
weichungen geduldet, namentlich wenn man glaubte, dass sie in Praxis
	        
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