Full text: Archiv für öffentliches Recht.Achtzehnter Band. (18)

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nicht viel schaden würden; mitunter hat man persönliche Motive, Zu- 
und Abneigungen, mitunter Interessen der Politik walten lassen. 
Dazu kommt, dass die Kaiser vielfach von ihrem Rechte 
der Adelsverleihung Gebrauch machten und unebenbürtigen Frauen 
den Charakter der Ebenbürtigkeit verliehen: dies war ein sehr 
einträgliches Reservatrecht des Kaisers, und es wurde davon viel 
Gebrauch und Missbrauch gemacht, so dass man sich genötigt 
sah, in die Wahlkapitulationen seit 1742 (ja schon früher) einen 
Passus aufzunehmen, der’den Kaiser in diesem Rechte beschränkte. 
Trotz dieses Passus blieben viele Zweifel übrig, und es ist er- 
klärlich, dass der Reichshofrat nicht selten gegen Geld und gute 
Worte über die Ebenbürtigkeitsfrage hinwegsah und Persönlich- 
keiten niederen Adels als nobilitiert, d. h. als in den höheren 
Stand aufgenommen behandelte; ebenso erklärlich ist es, dass 
die Kaiser manchmal den Familienstatuten, welche die strenge 
Ebenburt feststellen wollten, die Genehmigung versagten; denn 
hierdurch wurde dem Kaiser das Recht, dem niederen Adel durch 
Nobilitierung den Zutritt zu gewähren, entzogen und die kaiser- 
liche Macht geschmälert. Dazu kommt noch, dass im 16. und 
17. Jahrhundert das römische Recht und das Naturrecht dem 
Institut der Ebenburt nicht günstig waren und man es als eine 
lästige Fessel betrachtete, aus der man sich möglichst zu lösen 
suchte. Es war dies die Zeit, in der Petrus de Andlo galt. In 
der Mitte des 18. Jahrhunderts aber war das Gefühl für deutsches 
Recht zugleich mit dem Standesbewusstsein neu erwacht, und 
das deutsche Rechtsbewusstsein liess sich nicht mehr die Miss- 
handlung gefallen, der es bisher ausgesetzt war. Wenn geistlose 
Kompilatoren, wie Moser, oder inferiore Leute, wie STRUBEN, 
die Sache unrichtig auffassten und aus dem Missbrauch einzelner 
Fälle die Regel ableiten wollten, so dürfen sie für uns nicht 
massgebend sein. Keiner hat das Staatsrecht des alten deutschen 
Reiches so verstanden, wie PÜTTER, und seine Darstellung führt 
unmittelbar auf den Schwabenspiegel zurück.
	        
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