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man doch darin einig, dass die gesetzgebende Gewalt über den
beiden anderen stand. Das Gesetz war den Urhebern der „döcla-
ration de l’homme et du citoyen“ und ist noch dem heutigen
Frankreich: „l’expression de la volont$ generale“. Die volonte
generale war und ist aber in Frankreich die höchste, die unbe-
dingt entscheidende, die absolut herrschende, die jedermanns
Gehorsam heischende Gewalt. Die gleiche Kraft und Bedeutung
legt man auch in England der gesetzgebenden Gewalt bei. So
sagt Cox, The institutions of english government 8. 8: „The su-
preme legislative power of the British Empire is by its constitution
given to Parliament.“ Er fügt nach Lord Coke dem Chief Justice
of the Kings Bench Litt. 110a hinzu: „The jurisdiction of this
court is so transcendent, that it makes, enlargetl, diminishetb,
abrogateth, repeateth and reviveth laws, statutes, acts and ordi-
nances concerning matters ecclesiastical, capital, criminal, common,
civil, martial, maritime and the rest“ BLACKsSTONE (Oommentaries
1122) legt der gesetzgebenden Gewalt „despotic power“ bei. Er
sagt: „The will of the Legislature is the supreme law of the land
and demands perfect obedience.* A. Giron, Le droit public
de la Belgique 1884, I 31, sagt: „Le souverain fait la loi.
Cette fonction s’appelle le pouvoir legislatif.“ Ist es hiernach klar,
dass trotz der Gewaltenteilung die Gerichte, wie jederman die Ge-
setze, als die Akte der höchsten, der souveränen Gewalt anzuwenden
haben, so sind sie doch nicht unterworfen und sollten nicht der der
richterlichen nur gleichstehenden vollziehenden Gewalt unter-
worfen sein. Das wären sie nach französisch-belgischer Auffassung,
wenn sie andere Akte der vollziehenden Gewalt zu befolgen hätten
als solche, die sich als Ausfluss der gesetzgebenden darstellen. Die
Gerichte haben daher die lois principales und die lois secondaires
zu befolgen, letztere, die auf Grund (en vertu oder en dele-
gation) des Gesetzes, also soweit sie sich im Rahmen der Dele-
gation halten, mit Gesetzeskraft ausgerüsteten Verwaltungsvor-
schriften (r&glements administratifs und d’administration publique).