Full text: Archiv für öffentliches Recht.Achtzehnter Band. (18)

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Das französische Recht unterscheidet zwischen genereller und 
spezieller Ermächtigung. Eine generelle Ermächtigung besitzen 
der Präsident, der Präfekt und der Maire, letztere beide nur für 
bestimmte Gebiete; die Minister haben eine solche generelle Er- 
mächtigung nicht. Letztere dürfen daher Verordnungen, die an- 
dere als ihre Organe binden, nur auf Grund besonderer gesetz- 
licher Ermächtigung erlassen (BATBIE, Pre&cis IIL, N° 84, Grande 
Encyclopö&die s. m. röglement u. s. w.). Aber selbst der Präsi- 
dent, der Präfekt und der Maire, obgleich sie eine allgemeine 
Verordnungsbefugnis besitzen, dürfen gewisse Dinge stets nur mit 
besonderer Ermächtigung anordnen. Dazu gehören: gerichtlich 
festzusetzende Strafen, ferner überhaupt Anweisungen an die 
Gerichte, Eingriffe in die richterliche Kompetenz. Dies ist es, 
was der grundrechtliche Satz (BLock, Dict. de l’admin. franc. 
comp. s. m. decret N°® 13) bedeutet: „Aucune peine, aucun impöt, 
ni aucune competence judiciaire ne peuvent &tre etablies par 
decret. Il faut une del&gation expresse du lögislateur.* Daraus 
hat die französische Judikatur den Satz hergeleitet und selbst 
während des troisiöme empire aufrecht erhalten und durchgeführt, 
dass die Gerichte arrätes selbst des Kaisers nur anzuwenden 
haben, wenn und soweit sie „conformes aux lois“ sind, wenn und 
soweit sie sich auf einen Akt der Gesetzgebung stützen. Mochte 
immerhin es nur eine Farce sein, ob ein Befehl des Kaisers mit 
Gesetzeskraft durch Senatskonsult auszustatten war, formell 
verlangte die Judikatur eine solche Ausstattung, wenn sie den Be- 
fehl anwenden sollte, DALLOZz repertoire, s. m. loi N° 87, 88, wo in 
der Zeit des dritten Kaiserreichs ausgeführt wird, dass die rögle- 
ments administratifs für die Gerichte nur anzuwenden sind „dans 
les seuls cas oü ils sont conformes aux lois“. 
Dieser Satz erscheint für das heutige französische und das 
belgische Recht so selbstverständlich, dass es schwer hält, sich zu 
vergegenwärtigen, wie bedeutsam er vor und bei Emanation der 
belgischen Verfassung erschien. Man scheint heute anzunehmen,
	        
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