Full text: Archiv für öffentliches Recht.Achtzehnter Band. (18)

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grosse Teile des Militärrechts. Aus Art. 86 preuss. Verf. und 
seinem Vorbilde, Art. 107 const. belge, sowie nach der 1850 
allgemein geglaubten konstitutionellen Theorie ergiebt sich, dass 
die ordentlichen Gerichte nur dem Gesetze, also nicht einem 
Akte der Exekutive, unterworfen sein sollten. Der flüchtigste 
Ueberblick über die selbständigen Verordnungen zeigt, dass sie 
sämtlich solche Materien betreffen, welche damals (1850) nicht 
zur unmittelbaren Anwendung durch die ordentlichen Gerichte 
bestimmt waren. Weder hatten diese über Porto-, Telegraphen-, 
Examens-, Revisions-, Hafengebühren, Chausseegelder, über Be- 
amtenbesoldungen, Tagegelder, noch über militärische Strafen, 
militärische Kontrolle-, Beschwerdesachen, noch über Inhalt und 
Art des Unterrichts, über Immatrikulation und Exmatrikulation, 
noch über Professorenhonorare (dem Staate gegenüber), über 
Pensionsansprüche der Beamten, über Witwen- und Waisengeld 
der Hinterbliebenen von Professoren, noch über Prisen, über die 
Pflicht der Eisenbahnen, sich in ihrer Vertragsfreiheit beschränken 
zu lassen u. 8. w. ex professo zu entscheiden. Wie steht die 
Frage aber heute, dort, wo z. B. für Porto- und Telegraphen- 
gebühren, durch die Gesetzgebung des Deutschen Reichs und schon 
teilweise des Norddeutschen Bundes oder durch das preussische 
Gesetz über die Erweiterung des Rechtsweges vom 24. Mai 1861 
bezw. das Reichsgesetz vom 27. Juni 1871 über Beamtengehalts- 
ansprüche, Pensionen u. dgl. der Rechtsweg geöffnet ist? M. E. 
erstreckt sich hier die gerichtliche Prüfung nunmehr auch darauf, 
ob die fraglichen Verordnungen zu Recht bestehen. Die Gerichte 
haben solchen Verordnungen die Anwendung zu versagen, die dem 
Rechte widersprechen. Dabei haben sie aber auch nunmehr 
solche Verordnungen anzuwenden, die nicht bloss Not- oder 
Ausführungsverordnungen sind, sondern auch solche, die zu Recht 
als selbständige erlassen sind. Sind solche königliche und zwar 
gehörig publizierte, so sind sie in Preussen durch Art.106 Abs. 2 
der Verfassung jeder weiteren Prüfung enthoben. Sind es andere, 
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