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lassen will, sei es, weil er z. B. überhaupt keinen oder einen
anderen Religionsunterricht haben will? Ich meine, auch hier
steht dem Gerichte die Befugnis zu, zu prüfen, ob die Regulative,
da sie nicht als gehörig publizierte königliche Verordnungen er-
gangen sind, zu Recht erlassen sind, was z. B. von LAskeEr,
PREUSs u, a. bestritten wird. Ich meinerseits erkenne die Gültig-
keit an, weil bis zum Erlass des in Art. 26 vorgesehenen allge-
meinen Unterrichtsgesetzes die Exekutive die erforderlichen Vor-
schriften selbständig geben durfte. In Belgien dagegen würden die
Gerichte solchen Regulativen, wie den v. RAumzrschen von 1854,
welche von Grund aus und mit Vorbedacht nach dem Motto: „die
Wissenschaft muss umkehren“, das Unterrichtswesen selbständig
d. h. nicht in Ausführung der Gesetze umgestalteten, die An-
wendbarkeit implicite und directe versagt haben.
Nicht minder wird das Reichsmilitärgericht die Befugnis
haben, allen nicht gehörig publizierten königlichen und allen
sonstigen Verordnungen auf militärischem Gebiete die Anwend-
barkeit zu versagen, wenn es sie für nicht verfassungsmässig er-
lassen erachten sollte. Dies ist m. E. unbedingt zuzugestehen,
ebenso wie, dass die fraglichen Verordnungen, obgleich sie revi-
sible Rechtsnormqualität im Sinne der Militärstrafprozessordnung
haben, voll zu Recht bestehen, weil tatsächlich in Preussen die
fraglichen Materien durch Verordnung vor 1867 geregelt waren und
zweitens, weil sie auch vorher mit Recht so geregelt sind. Ebenso
zweifellos ist, dass die belgischen Gerichte, auch die Militärgerichte,
solche Verordnungen nicht anwenden dürfen, da sie nicht und
jedenfalls so weit sie nicht ihren Ursprung in einem Gesetze
finden.
Auch bei der Frage, ob der Thatbestand der Widerstands-
leistung gegen die Staatsgewalt vorliegt, kann die Frage nach der
Gültigkeit von Verordnungen incidenter zur richterlichen Prüfung
gelangen. Es ist wohl nie bisher vorgekommen, dass der Unterricht
auf Grund der Schulregulative als eine nicht in rechtmässiger Aus-