— 214 —
Verantwortlichkeit des Lehrherrn.
Von
Dr. Benno Hitse, Kreisgerichtsrat, Berlin.
Es vertritt das Reichsgericht in einem Urteil vom 12. Juli
1894 die Rechtsüberzeugung, dass der Lehrherr für die wirt-
schaftlichen Folgen haftverbindlich werde, wenn der Lehrling in-
folge Unkunde bei der Arbeit sich oder andere beschädigt, wäh-
rend er einem Gesellen zur Beschäftigung beigegeben war, ohne
dass dieser einen besonderen Auftrag erhalten hatte, ihm die
erforderlichen Anweisungen zu erteilen. Gestützt wird diese Ent-
scheidung auf $ 126 Gew.-O. in der Fassung vom 1. Juli 1883,
welcher in seinen wesentlichen Bestandteilen übereinstimmt mit
8 127 in der Fassung vom 26. Juli 1897. Beide Rechts-
regeln halten nämlich daran fest, dass der Lehrherr die An-
leitung des Lehrlings in den Handgriffen des Berufsfaches ent-
weder selbst oder durch einen ausdrücklich hierzu beauftragten,
auch dafür geeigneten Vertreter zu besorgen habe. Eine Ver-
letzung dieser Pflicht kennzeichnet sich als eine Verfehlung, deren
wirtschaftliche Nachteile nach den Rechtsregeln über die Ver-
tretung der Folgen des ausservertraglichen Verschuldens deshalb
schadlos zu halten sind. Obschon das zur Zeit der ergangenen
Entscheidung geltende Recht inzwischen ausser Kraft getreten
ist, so hat demungeachtet der daraus abgeleitete Rechtssatz seine
rechtlichen Wirkungen nicht verloren. Denn der heute geltende