Full text: Archiv für öffentliches Recht.Achtzehnter Band. (18)

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solchen, die ihrer nicht bedürfen, gutgeheissen und ebensowenig 
der Schluss gezogen werden, es sei die Inanspruchnahme des 
Aufsichtspflichtigen zunächst von dem Nachweise bedingt, dass 
der zu beaufsichtigende Minderjährige zu der Kategorie von 
Minderjährigen gehöre, die der Aufsicht bedürfen; vielmehr be- 
stehen Aufsichtsrecht und Aufsichtspflicht über den Minderjährigen 
wegen seines Zustandes, weil er eben minderjährig ist. 
Hiervon ausgehend ergiebt die Haftung des Lehrherrn für 
die Verfehlungen des Lehrlings sich aus $ 127 Gew.-O., wonach 
der Lehrherr den Lehrling zur Arbeitsamkeit und zu guten Sitten 
anzuhalten und vor Ausschweifungen zu bewahren hat, in Ver- 
bindung mit 8 127a, welcher den Lehrling der väterlichen Zucht 
des Lehrherrn unterwirft. Denn diese begründen ein Erziehungs- 
verhältnis, ein Erziehungsrecht und eine Erziehungspflicht des 
Lehrherrn. Die Pflicht der Sorge für die sittliche Erziehung des 
Lehrlings greift dem Sinne und dem Zwecke dieser Aufgabe ge- 
mäss über das eigentliche Arbeitsverhältnis hinaus und begründet 
die Verpflichtung des Lehrherrn, sich auch um das Verhalten 
des Lehrlings ausserhalb des Betriebes zu kümmern. Im Ein- 
klange hiermit steht die durch Gesetz vom 1. Juni 1891 ein- 
gefügte Bestimmung des $134b Abs. 3 Gew.-O., wonach in die 
Fabrikarbeitsordnung auch Vorschriften über das Verhalten minder- 
jähriger Arbeiter ausserhalb des Betriebes aufgenommen werden 
können, um den Schluss zu rechtfertigen, dass die Aufsichts- 
pflicht des Lehrherrn über den minderjährigen Lehrling im Sinne 
und mit der Wirkung des $& 832 B. G.-B. keineswegs davon be- 
dingt ist, dass der Lehrling auch in Kost und Pflege des Lehr- 
herrn sich befindet. Dagegen kann allerdings zu verschiedenen 
Zeiten und Gelegenheiten ein verschiedener Aufsichtspflichtiger 
die Aufsicht zu führen haben, der Vater, die mit elterlicher Ge- 
walt ausgestattete Mutter, der Vormund, der Lehrherr. Und 
lediglich dieser Umstand kann auf die Haftverbindlichkeit des 
Lehrherrn insofern einflussvoll werden, als er aus der seinigen 
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