Full text: Archiv für öffentliches Recht.Achtzehnter Band. (18)

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nichts anderes als geschütztes Interesse. Praktisch erübrigt 
kaum ein anderes als analoge Anwendung der Grenzen, welche 
das Gesetz der freien Verwaltung jedes einzelnen zieht, und 
Sondergesetz mit Rücksicht auf die Grösse der einander entgegen- 
stehenden Interessen?, Bedeutungsvoll ist aber das Prinzip des 
Verwaltungsrechtes selbst, das zugleich die Rechtswissenschaft 
zwingt, sich über den altherkömmlichen pandektorischen Rahmen 
zu erweitern und das Gebiet des öffentlichen Liebens mitzu- 
umfassen. 
Das parlamentarische System bezeichnete, wie gesagt, regel- 
mässig den Durchbruch der absoluten Fürstengewalt. Daher der 
Jubel, mit dem es begrüsst wurde, und der um so stürmischer 
war, je schroffer der Polizeistaat auf dem Volke gelastet hatte. 
In Wien waren sich nach beglaubigten Quellen die Leute auf 
der Strasse um den Hals gefallen, als es hiess, der Kaiser habe 
eine Konstitution gegeben, und ähnliche Ausbrüche des Enthu- 
siasmus kamen in Berlin und anderen Orten vor. Aber nicht 
bloss das Volk, auch die Theorie war begeistert und erklärte mit 
naivem Dogmatismus das konstitutionelle System für den theo- 
retischen Höhepunkt aller möglichen Verfassungsformen, für die 
Verwirklichung der staatsrechtlichen Idee. 
„Das konstitutionelle System* — schreiben ROTTECK und 
WELCKER, seine Apostel — „ist in der Theorie vollständig, in der 
Praxis wenigstens annähernd übereinstimmend mit dem System 
eines rein vernünftigen Staatsrechtes. Es scheint uns nötig, 
die Prinzipien des konstitutionellen Systems, welchem wir unsere 
Herzenshuldigungen darbringen . . . . der Teilnahme der 
Klar- und Wohldenkenden zu empfehlen (Staatslexikon, Titel: 
Konstitution, konstitutionelles System).*“ 
Wir sind seither kühler geworden. Es ist uns ergangen 
wie dem Jüngling, der mit dem Gegenstand seiner glühenden 
® Vgl. Begründung zum sächsischen Gesetzentwurf über die Verwaltungs- 
rechtspflege vom 7. Nov. 1899, Dekrete No. 16.
	        
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