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Bestechungen, Unruhen bei den Wahlen, das Benehmen der
Wahlbeamten, ungehörige Beeinflussung, Einschüchte-
rung, Wahlfälschung, unpassendes Benehmen oder Meineid
von Zeugen, Mangelhaftigkeit oder Unklarheit des Gesetzes etc.,
so ergriff das Haus die dem Gesetze und Herkommen oder dem
Falle selbst entsprechenden Massregeln.“ Die Corrupt-Practices
Gesetze führen eine Reihe solcher Ungehörigkeiten an und be-
strafen sie. Auch die Gesetze anderer Staaten haben das eng-
lische Beispiel nachgeahmt. Nichtsdestoweniger strotzt noch heute
die Wahlvorbereitung in allen Phasen, die Verfassung der Listen,
ihre Veröffentlichung, die Gewährung oder Verweigerung der
Einsicht und Abschrift, die Zustellung der Legitimationen u. a.
sowie der Wahlakt selbst allenthalben von unglaublichen Rechts-
brüchen, zu denen sich selbst Menschen hergeben, die in ihrer
sonstigen lLiebensführung untadelig sind; auch Amtspersonen mit
Bruch ihrer Amtspflicht und ihres Eides. Wer einen erregteren
Wahlkampf beobachtet, erkennt schamerfüllt, dass eine vielhundert-
jährige Kultur nichts anderes hervorzubringen vermochte, als eine
schwache äusserliche Tünche der Form, während, wenn ein An-
lass die Leidenschaft oder Selbstsucht stärker entfacht, der
Kulturmensch sich sofort in eine boshafte grausame Bestie ver-
wandelt. Missbrauch der Amtsgewalt und sonstiger sozialer,
wirtschaftlicher oder politischer Macht, Betrug, Fälschung, Ver-
leumdung, Gewaltthätigkeit, die bis zu Mord und Todschlag
geht: kurz jede Form der Rechtswidrigkeit, die möglich ist,
abwechslungsreich je nach dem Lande, in welchem die Wahl vor
sich geht, wird geübt”. Und aus solchem Rechtsbruch gehen
die Vertreter des Landes hervor. Wie sehr muss dadurch sowohl
bei ihnen wie bei dem Volk, das beobachtend oder mitthätig
weiss, „wie man Präsident wird“, das Rechtgefühl leiden!
” In Oesterreich haben namentlich die galizischen Wahlen eine traurige
Berühmtheit erlangt, in den letzten Jahren auch die Wahlen in Wien. Die
Wirkung des Klosettgesetzes beweist den Missbrauch auch für Deutschland.