Full text: Archiv für öffentliches Recht.Achtzehnter Band. (18)

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nach bestehender Norm nicht beeinflussen, so wenig als vordem 
die Laune des Fürsten. Leider ist die Unabhängigkeit der Richter 
in den wenigsten Staaten mit richterlicher Bureaukratie gewähr- 
leistet. Der Richter kann wohl zumeist nicht abgesetzt, nicht 
versetzt, aber er kann nach Gunst befördert oder nicht befördert 
werden. Ein geschlossenes Richterbeförderungsgesetz müsste auch 
hierfür jeden ungehörigen Einfluss abwehren. Die Ausschaltung des 
Richteramtes aus dem Parteigetriebe verlangt aber auch dessen 
Erweiterung auf das öffentliche Gebiet, die Ausbildung der Ver- 
fassungs- und Verwaltungsrechtspflege. Das Parlament taugt nicht 
zum Richter über die Wahlen, es ist offenbar befangen. Der politische 
Beamte taugt nicht zum Richter, wo die Verwaltung Partei ist, er 
ist befangen und abhängig. Es soll nicht verkannt werden, dass eine 
unabhängige und zugleich bureaukratisch geschlossene Richter- 
schaft zu einem Papsttum der höchsten Gerichtsstelle führen 
kann und dass wie jede Macht, auch die des Richters, die Gefahr 
des Missbrauchs in sich hat. Das Richtertum sollte nicht hier- 
archisch organisiert sein. Doch liegt die Gefahr noch nicht nahe 
und das Verfassungsgesetz ist Herr über sie. 
Auch die Verwaltung müsste, um korrekt zu fungieren, min- 
destens dem persönlichen Einfluss im einzelnen Fall entzogen 
werden, indem man die Beamten durch Dienstpragmatik und 
Disziplinargesetz schützt. Hierzu ist kaum ein Ansatz vorhanden. 
Die Mittel zweiter Art versuchen im parlamentarischen Ge- 
triebe selbst die Minorität gegen den Einfluss der Majorität und 
insbesondere einer Zufallsmajorität zu schützen. Sie liegen ent- 
weder in der Organisation (Zweikammersystem mit geändertem 
Wahlmodus für beide Kammern, Vetorecht des Fürsten oder 
Präsidenten mit wenigstens aufschiebender Wirkung u. a.) oder 
in der Geschäftsordnung (wiederholte Lesung, verstärkte Majorität 
bei Verfassungsgesetzen u. a.). Bei allen solchen Vorschlägen 
und Versuchen verschlingt man sich aber immer in einen Wider- 
spruch: Wie kann man erwarten, dass die parlamentarische
	        
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