Full text: Archiv für öffentliches Recht.Achtzehnter Band. (18)

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Grunde wird z. B. in Frankreich die Stellung einer grossen 
Anzahl von besoldeten Beamten für unvereinbar mit der eines 
Deputierten gehalten”, Man kann hierbei entweder von der 
Ansicht ausgehen, dass der Beamte nicht die genügende Freiheit 
der Regierung gegenüber besitzt, um seine Ansichten als Volks- 
vertreter zu äussern, oder man kann umgekehrt sagen, seine 
Thätigkeit als Abgeordneter schadet der regelmässigen und 
unparteiischen Erfüllung seiner Amtspflicht. Die letztere Er- 
wägung war z. B. massgebend für die Bestimmung, dass der 
Präsident und die Mitglieder der preussischen Oberrechnungs- 
kammer nicht Mitglieder eines der beiden Häuser des Landtages 
sein dürfen !®, 
Die genannte Konkurrenz der Pflichten ist aber kein Mangel, 
keine Untauglichkeit der Person dessen, der beide auszuüben 
hat. Der Grund dafür, dass ein solcher nicht Mitglied eines 
Parlamentes sein kann, liegt lediglich in der Unvereinbarkeit der 
Pflichten. Da nun kein persönlicher, insbesondere die Wählbar- 
keit ausschliessender Mangel vorliegt, so muss derjenige, welcher 
eine mit der des Volksvertreters unvereinbare Stellung hat, 
wählbar sein, so z. B. Präsident und Mitglieder der preussischen 
Oberrechnungskammer !?, Da er aber kraft Gesetzes nicht gleich- 
zeitig den beiden unvereinbaren Pflichtenkreisen angehören kann, 
so wird er, ehe er Volksvertreter wird, aus seiner früheren 
Stellung ausscheiden müssen. 
Wie ist es nun mit den Personen, welche deshalb nicht 
einer Kammer angehören dürfen, weil sie Bestandteil eines anderen 
gesetzvereinbarenden Organes sind? Liegt bei ihnen Untaug- 
lichkeit der Person oder Unvereinbarkeit der Stellungen vor? 
— 
'" Meyer, Wahlrecht S. 473. 
"®* Meyer, Wahlrecht S. 478, 
® Meyer, Wahlrecht S. 478 in Verbindung mit S. 466; anderer Meinung 
BoRrNHAK, Preussisches Staatsrecht Bd. I S. 390 f.; STENeEL, Das Staatsrecht 
des Königreichs Preussen $. 80; Schwartz a. a. O. S. 224B.
	        
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