Full text: Archiv für öffentliches Recht.Achtzehnter Band. (18)

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Man wird sich bier für die Unvereinbarkeit entscheiden müssen. 
Der Satz von der Trennung der Organe wird doch, wie früher 
dargelegt, damit begründet, dass ein jedes einzelne von ihnen 
nicht, wie es sich gehört, in seinen Entschlüssen unabhängig von 
dem anderen seine Funktionen verrichten kann, wenn es mit ihm 
seiner Zusammensetzung nach teilweise identisch ist, d.h. wenn 
ein oder mehrere Mitglieder zugleich die Pflicht als Mitglied der 
I. und II. Kammer, oder auch eines derselben gleichzeitig die 
Volksvertreter- und die Fürstenpflicht zu erfüllen hat. Es ist eine 
Kollision der Pflichten, die hier vorläge, die Erfüllung einer 
derselben würde darunter leiden, dass mehrere von ihnen ein und 
derselben Person oblägen. Nicht in der Person dessen, dem die 
Volksvertreterstellung mittels Berufung oder Wahl verliehen werden 
soll, sondern in der Konkurrenz der von ihm zu erfüllenden 
Pflichten liegt der Hinderungsgrund für den Erwerb der Kammer- 
mitgliedschaft. 
Während z. B. GEORG MEYER ?° und EsMEIN ?! ebenso, wie 
hier ausgeführt, annehmen, dass für die Mitglieder einer Kammer 
nur eine Unvereinbarkeit ihrer Stellung mit der Zugehörigkeit 
zu der anderen besteht, sprechen sich die Bearbeiter des preus- 
sischen Staatsrechtes für die Nichtwählbarkeit der Herren- 
hausmitglieder zu Abgeordneten aus ??®. Sie berufen sich dabei, 
ohne weitere Erörterungen zu geben, auf Art. 78 Abs. 4 der 
preussischen Verfassung: „Niemand kann Mitglied beider Kam- 
mern sein.“ Hieraus wird offensichtlich gefolgert: Einem Herren- 
hausmitgliede kann mittels Wahl nicht die Abgeordnetenstellung 
verliehen werden. Die Wahl würde also ungültig sein. Nun ist 
2? Meyer, Wahlrecht S. 462, wo dies aus dem letzten Satze von 
Abs. 4 folgt. 
2! EsmEIN a. a. O. S. 466. 
22 BornHAK Bd. I S. 391; v. Rönne-Zorn, Preussisches Staatsrecht 
Bd. IS. 313; STenakL a. a. O. S. 80; Arnprt, Verfassungsurkunde für den 
preuss, Staat 4. Aufl. S. 308 Anm. 4; ScHwaARTZz a. a. O. S. 224; SCHULZE, 
Preussisches Staatsrecht Bd. I S. 589.
	        
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