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sind demnach, mit einer Ausnabme, alle der Ansicht, dass die
Verleihung durch Berufung eines Abgeordneten ins Herrenhaus
gültig ist, es liegt nur eine, durch stillschweigenden Verzicht auf
das Mandat zu beseitigende Unvereinbarkeit vor. Dagegen nehmen
dieselben an, die Verleihung durch Wahl eines Herrenhausmit-
gliedes in das Abgeordnetenhaus sei ungültig, es liege Nicht-
wählbarkeit vor. Diese beiden entgegengesetzten Rechtsregeln
werden aus dem einen auf beide Häuser gleichmässig anzuwen-
denden Abs. 4 des Art. 78 gefolgert.
Dem ist nicht beizustimmen. Richtiger ist es, Art. 78 in
Uebereinstimmung mit der allgemeinen konstitutionellen Theorie,
für beide Häuser gleich auszulegen und anzunehmen, dass für
die Mitglieder beider Häuser nur eine Unvereinbarkeit vorliegt.
In welcher Weise für ein Herrenhausmitglied die Pflichten-
konkurrenz beseitigt wird, braucht hier nicht erörtert zu werden.
Wenn man annimmt, der einseitige Verzicht genüge, so wird
man ihn in der Annahme des Abgeordnetenmandates erblicken.
Steht man auf einem anderen Standpunkte, so würde sich das
Herrenhausmitglied der sonstigen Mittel zu bedienen haben, die
den Verlust der Mitgliedschaft herbeiführen?®, ebenso wie ein
Beamter, der ein inkompatibeles Amt inne hat, mangels ab-
weichender gesetzlicher Vorschrift ?®, nicht durch stillschweigen-
den Verzicht, der in der Annahme eines Mandates liegt, sein
Amt verliert, sondern aus dem Staatsdienste besonders entlassen
werden muss,
Da der mehrerwähnte konstitutionelle Satz von der völligen
Trennung der Organe nicht nur auf die Kammern, sondern auch
auf das dritte gesetzvereinbarende Organ, den Monarchen, anzu-
wenden ist, so ist auch die Konsequenz zu ziehen, dass der
Ausschluss des Fürsten von der Kammermitgliedschaft zu be-
2 Vgl. hierüber z. B. Schwartz a. a. O0. S. 427; ArnDr a. a. 0. S. 290.
®® Eine solche besteht z. B. in Frankreich; vgl. dazu MEvEr, Wahlrecht
S. 473.