Full text: Archiv für öffentliches Recht.Achtzehnter Band. (18)

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heute eine Rechtsvorschrift als verkündigt, wenn sie in einer ge- 
setzlich bestimmten Weise bekannt gemacht worden ist, und 
diese Art der Bekanntmachung ist jetzt überall und ausnahmslos 
der Abdruck in einem von Rechts wegen dazu bestimmten Blatt. 
Inwieweit dieser Abdruck thatsächlich die Bekanntschaft der 
Rechtsvorschrift verbreitet, ist gänzlich unerheblich; es ist noto- 
risch, dass nur ein verschwindend kleiner Bruchteil der Bevöl- 
kerung die Gesetzblätter liest. Die wirkliche Kunde der Gesetze 
wird selbst bei denjenigen, die sich diese Kenntnis verschaffen 
müssen oder wollen, durch Zeitungen, Privatausgaben, Kommen- 
tare u. 8. w. in weit grösserem Masse als durch die Gesetzblätter 
verbreitet°. 
Der wesentliche Punkt, auf welchen es allein ankommt, ist 
der Rechtssatz, welcher dem Abdruck in einem gewissen Blatt 
die Kraft der Verkündigung beilegt. Die Wirkung dieses 
Rechtssatzes ist es, dass das Gesetz durch diesen Abdruck als 
aller Welt verkündet gilt, auch wenn niemand von seinem Inhalt 
Notiz genommen haben sollte, und dass andererseits Abdrücke in 
tausend Zeitungen und Privatausgaben nicht ausreichen, wenn 
der eine Abdruck, an welchen das Gesetz die Fiktion der Kund- 
barkeit knüpft, fehlt. Es giebt daher keine rechtswirksame 
Verkündigung ausser auf Grund eines Rechtssatzes, 
welcher einer gewissen Art der Bekanntmachung die 
Rechtswirkung der Verkündigung beilegt®. 
Dieser Grundsatz hat keinen Zusammenhang mit der Art 
und Weise, wie eine Rechtsvorschrift zu stande gekommen und 
von wem sie auf Grund verfassungsmässiger Zuständigkeit er- 
— 
  
® Lukas S. 6 nennt diese — rechtlich unerhebliche — Verbreitung 
der Gesetze die gesellschaftliche Publikation. 
® Rosın, Polizeiverordnungsrecht, 2. Aufl. 1895 S. 255. „Die Publika- 
tion ist nicht eine einfache Bekanntmachung, sondern die bestimmte Form 
und Art des gesetzgeberischen Ausspruchs, dass gewisse Vorschriften Recht 
sein sollen.“
	        
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