Full text: Archiv für öffentliches Recht.Achtzehnter Band. (18)

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Gesamtheit so viel Kraft und Festigkeit geben kann, um dem 
politischen Begriff des Bundesstaates zu genügen. Das wollte 
man ursprünglich bei uns nicht zugestehen. Die blosse vertrags- 
mässige Verbindung, war die Lehre, vermag die Staaten nur zu 
einem äusserlichen Zusammenhandeln zu bringen; sobald staat- 
liche Verrichtungen, insbesondere Gesetzgebungsakte, mit un- 
mittelbarer Wirkung gemeinsam vorgenommen werden sollen, giebt 
das einen besonderen Staat, der dann ganz von selbst der Ober- 
staat wird®. In Amerika war es thatsächlich so zusammengetroffen, 
das reichte bei uns zunächst hin, um zu erklären, die Leistungs- 
fähigkeit des Staatenvertrags sei von Natur so beschränkt. 
Dabei konnte man nicht stehen bleiben. Der civilrechtliche 
Verein bleibt ja Verein und Vertragsverhältnis, wenn er sich 
eine Vorstandschaft und Vertretung bestellt zu unmittelbarer 
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® Das reine Gegenstück zu SEYDELsS soeben angeführtem Satz bildet ein 
Ausspruch, den H. v. GAsERN, Leben des Generals Friedrich v. Gagern Bd. I 
S. 887, von seinem Vater berichtet: „Der Staatenbund sei ihm ein nonens. 
Sowie ein Bundessystem mehr sei als eine Allianz, so werde es ein Bundes- 
staat.“ — WELCKER, Wichtige Urkunde für den Rechtszustand der deutschen 
Nation (1845) S. 54ff,, sucht namentlich diesen Gegensatz einzuschärfen 
zwischen dem völkerrechtlichen Staatenbund und dem staatsrechtlichen 
Bundesstaat: der letztere allein wirkt „staatsrechtlich“, d. h. „gesetzlich, 
polizeilich, richterlich, militärisch für das Innere der einzelnen Bundesstaaten“; 
dass der Staatenbund, insbesondere auch der deutsche Bund, das nicht kann, 
ergiebt sich schon daraus, dass er sich selbst einen „völkerrechtlichen 
Verein“ nennt. Bei dieser Beweisführung wird immer unvermerkt das Eigen- 
schaftswort „völkerrechtlich* als gleichbedeutend mit „nur völkerrechtlich* 
behandelt, das ist aber ja durchaus nicht so selbstverständlich. Bei WELCKER 
hat es eben seinen guten Zweck: er will die reaktionären Pressmassregeln 
des Bundestages bekämpfen; um in solcher Weise staatsrechtlich wirken 
zu können, sagt er, müsstet ihr ein Bundesstaat sein, zu einem Bundesstaat 
aber gehört — seiner Natur nach — eine Nationalrepräsentation (in der 
Nordamerikanischen Union ist sie „vortrefflich gebildet“: S. 41). Also muss 
man, um „staatsrechtliche Wirksamkeit“ zu haben, erst durch Schaffung 
einer Nationalrepräsentation aus einem Staatenbund ein Bundesstaat werden 
(S. 49). Hier steckt natürlich alles voll von politischen Anschauungen und 
politischen Tendenzen.
	        
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