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unten geht, im Arbeitsstaat aber von unten nach oben fort-
schreiten würde. Denn heute kämen die Herrschenden und Be-
sitzenden zuerst an die Reihe; sie könnten schon Luxusbedürf-
nisse befriedigen, selbst wenn die Aermsten noch nicht einmal
des Lebens Notdurft haben.
„Dagegen könnten im volkstümlichen Arbeitsstaat die feineren Bedürfnisse
der höheren Bevölkerungsschichten erst dann befriedigt werden, wenn
zuvor allen Staatsbürgern die Führung eines menschenwürdigen Daseins
gesichert ist. Um diese fundamentale Reform, wohl die grösste, welche
jemals das Menschengeschlecht angestrebt hat, dreht sich seit einem Jahr-
hundert die soziale Bewegung“ (S. 125—130).
Bildet diese neue Sachenrechtsordnung den Ausgangspunkt
und die Grundlage des Systems, so springt sofort in die Augen,
dass sie den Schwerpunkt des Ganzen in die rechtliche Ordnung,
die Organisation des Gemeinwesens der Zukunft verlegt, was ja
durchaus ihrem publizistischen Charakter entspricht. Jeder
soll leben können und jeder soll arbeiten müssen — das ist das
einzige, was a priori feststeht. Aber das Quantum wie das
Quale der Existenzmittel wie der Arbeitsleistung, d. h. gerade
das für Wert und Bedeutung der Existenz wie der Arbeit in
Wahrheit allein Entscheidende hängt durchaus von dem Modus
der sozialen Auslese ab; und da diese nach MENGERs Funda-
mentalforderung in Zukunft nicht mehr eine „naturwüchsige*,
sondern eine „reflektierte*, d. h. von dem Gemeinwesen oder
seinen Organen bewusst gemachte sein soll, so hängt sie eben
vollständig von der Organisation des Gemeinwesens ab. MENGER
deutet das wenigstens an, wenn er sagt, der Gegensatz zwischen
den Herrschenden und Beherrschten werde
„in dem volkstümlichen Arbeitsstaate in noch schärferer Form hervor-
treten als in der heutigen Gesellschaftsordnung, weil jener seine Thätig-
keit auch auf das ganze ökonomische Gebiet ausdehnen wird“ (S. 83).
Der kritische Punkt für dieses ganze System liegt daher auf dem
Gebiete, das unserem heutigen Staats- und Verwaltungsrecht ent-
spricht oder an seine Stelle treten soll. Werfen wir jedoch