Full text: Archiv für öffentliches Recht.Achtzehnter Band. (18)

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heutige Zustand auf diesem Gebiete etwa einer wirtschaftlichen 
Ordnung entspricht, in der das Eigentum gleich geteilt und das 
Erbrecht aufgehoben wäre. Die sonst von Sozialisten wohl ge- 
machten Vorschläge würden diesen Zustand geradezu verschlech- 
tern. Besonders wäre die freie Liebe ein Rückschritt zu einem 
System der freien Konkurrenz und Vertragsfreiheit, „die unter 
dem Scheine der Freiheit die Herrschaft der Reichen und Mäch- 
tigen begründen“ (8. 169). Und die Staatsehe im Sinne der 
platonischen Politeia sei für uns unmöglich, 
„weil wir im Gegensatze zu dem Altertum ein viel zu lebhaftes Bewusst- 
sein von dem Werte persönlicher Freiheit besitzen, um dem Staat einen 
so tiefen Eingriff in die individuellste aller menschlichen Beziehungen zu 
gestatten“ (8. 167). 
Die heutige Familie soll also bestehen bleiben, um so mehr, 
als nur auf ihrem Grunde die unentbehrliche wahre Lebens- 
gemeinschaft in geistigen wie in materiellen Dingen erwachsen 
könne. Jedoch kommt mit der Umbildung des Vermögensrechts 
das ganze eheliche Güterrecht wie auch die Alimentationspflicht 
des Ehemannes gegenüber der Frau in Wegfall. Beide Teile 
haben vielmehr je ein selbständiges Recht auf Existenz und eine 
selbständige Arbeitspflicht als gleichberechtigte Glieder des Ar- 
beitsstaates. Die Arbeitspflicht der Frau bezieht sich in erster 
Reihe auf die Besorgung des Hauswesens, jedenfalls für den ver- 
mutlich ziemlich langen Uebergangszustand, in dem das System 
der getrennten Hauswirtschaften beibehalten wird. Jedoch kann 
die Frau auch zu Arbeiten ausser dem Hause herangezogen 
werden — nach dem pflichtmässigen Ermessen der Behörden. 
Dass seine Reformideen „wohl unter allen Bevölkerungsschichten 
die wolılhabenden Frauen am härtesten treffen“, erkennt MENGER 
an; aber es mag in der That kaum möglich sein, die soziale 
Frage nach den Regeln der Galanterie zu lösen. 
Nun können aber auch im volkstümlichen Arbeitsstaat sozu- 
sagen Mesalliancen vorkommen, indem Mann und Frau in ver- 
schiedene Rangklassen der Bevölkerung eingereiht sind, was be-
	        
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