427 -
schrift über die Abgrenzung der Zollpflicht nicht mehr auf den
Zolltarif selbst, sondern auf die Kommissionsbeschlüsse über diesen
Tarif verwiesen; nach dem Wortlaute dieses Gesetzes soll die
Zollerhebung erfolgen „nach Massgabe der dem Reichstag am
6. Okt. 1902 vorgelegten endgültigen Beschlüsse der X VI. Kom-
mission über den Zolltarif“. Im Anschlusse an diese Bestimmung
sind die Zollsätze, welche in Abweichung von den kommissionellen
Beschlüssen festgesetzt wurden, ausdrücklich aufgezählt; & 1 des
Gesetzes von 1902.
Prinzip der allgemeinen Zollfreiheit.
Die aus dem Ausland in das deutsche Zollgebiet eingeführten
Gegenstände sind zollfrei, soweit nicht der Zolltarif einen Ein-
gangszoll festsetzt. Nach der früheren Zolltarifgesetzgebung be-
stand in Deutschland der Grundsatz der allgemeinen Zollabgaben-
pflicht; jede Ware wurde als zollpflichtig angesehen, sofern nicht
die Zollfreiheit ausdrücklich ausgesprochen war. In den von
1865—1879 gültigen Zolltarifen wurde aber bestimmt, dass die
unter keiner Tarifstelle inbegriffenen Gegenstände zollfrei seien.
Hiermit wurde im Prinzip die auch im Vereinszollgesetz aus-
gesprochene allgemeine Zollfreiheit anerkannt. Das Zolltarif-
gesetz vom 15. Juli 1879 hielt an diesem Prinzip fest. Durch $ 1
dieses Gesetzes ist die Regel der Zollfreiheit, wie LABAND a. a. O.
S. 433 hervorhebt, nicht aufgehoben, sondern bestätigt worden.
Mit Unrecht findet ZoRN in dieser Gesetzesstelle eine Aufhebung
des erwähnten Grundsatzes; s. ZORN, Staatsrecht Bd. II S. 249.
Eine weitere Voraussetzung für die Zollerhebung im allgemeinen
ist also, dass die zur Einfuhr in das deutsche Zollgebiet ge-
langende Ware durch eine besondere Gesetzesvorschrift als zoll-
pflichtig erklärt ist. Bei der Ausgestaltung des Zolltarifgesetzes
im Jahre 1901 ergab sich die Frage, ob auch ferner an diesem
Grundsatze festzuhalten sei; es wurde darauf hingewiesen, dass
bei dem gegenwärtigen schnellen Fortschreiten der Industrie es