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sind. Die deutsche Zolltarifgesetzgebung hat bis jetzt von der
Wertzollerhebung wenig Gebrauch gemacht. In dieser Richtung
wurde bei der jüngsten Ausgestaltung des Zolltarifgesetzes eine
Aenderung des bestehenden Systems angeregt. Im deutschen
Reichstag war schon im Juni 1899 anlässlich der Beratung des
deutsch-englischen Handelsprovisoriums beantragt worden, die
Zollentrichtung auf Grund des Wertzollsystems dann eintreten
zu lassen, wenn im anderen Lande auch Wertzölle erhoben
werden. Das Wertzollsystem wird besonders von denjenigen
verteidigt, welche bei der Zollbelastung der Waren den steuer-
politischen Standpunkt der Gerechtigkeit in den Vordergrund
gerückt wissen wollen. Dies geschah von verschiedenen Seiten
auch bei der letzten Abänderung des Zolltarifgesetzes. Indessen
überwog doch die Meinung, dass die Wertzölle trotz ihrer un-
leugbar grossen theoretischen Vorzüge nicht zu empfehlen seien,
da sie allzugrosse praktische Schwierigkeiten mit sich bringen
und einer gleichheitlichen und raschen Zollabfertigung und der
freien Entwicklung und Bewegung des Handelsverkehrs hinder-
lich sind. Ausschlaggebend für die Anschauung, dass sich eine
Aenderung des bisherigen Erhebungssystems nicht empfehle,
waren also vorwiegend Erwägungen zolltechnischer Natur. Die
Erhebung der Zölle nach äusseren Merkmalen, wie sie bei den
spezifischen Zöllen erfolgt, geschieht übrigens auch in den meisten
der übrigen Länder. Eine besondere Ausbildung des Wertzoll-
systems findet sich nur in Belgien, in den Niederlanden und in
den Vereinigten Staaten von Nordamerika. Das neue deutsche
Zolltarifgesetz von 1902 hat mit Rücksicht auf die der angeregten
Systemänderung gegenüber vorgebrachten Bedenken an dem bis-
herigen Erhebungsmassstab im allgemeinen festgehalten. Hin-
sichtlich der deutschen Wertzölle überhaupt wird auf die Ab-
handlung in Kunckk&ts Zeitschrift für Zollwesen Bd. IS. 171, auf
die Bemerkungen v. MaAyks auf S. 61 der Broschüre „Zolltarif-
entwurf und Wissenschaft“ (München und Berlin 1901) und auf
Archiv für Öffentliches Recht. XVII. 3. 99