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unvermeidlich gewesen wäre. Bei der Festsetzung der Höhe des
Gerstenzollsatzes sprach die Thatsache, dass insbesondere die
mährische Gerste als Braugerste viele Vorzüge hat und dass die
einheimische Bierbrauerei die fremde Gersteneinfuhr nicht ent-
behren kann, dass ferner diese Getreidegattung auch sonst viel-
fache Verwendung als gewerblicher und landwirtschaftlicher Roh-
und Hülfsstoff (Graupenmüllerei, Branntweinbrennerei, Kakes-
fabrikation) findet, gegen eine allzu hohe Bemessung des Zollsatzes.
Bei der Festsetzung des Haferzollsatzes endlich überwog die
Anschauung, dass auf einen höheren Zollschutz nicht verzichtet
werden könne; die heimische Haferproduktion könne den Inlands-
bedarf decken; s. Reichstagsdrucksache No. 373 A zu den Reichs-
tagsverhandlungen der 10. Legislaturperiode, II. Session 1900/1902,
S. 18 und 8. 64. Der Begründung der Regierungsvorlage sind
interessante Zusammenstellungen über die Ein- und Ausfuhr der
vier Hauptgetreidearten und sonstige wertvolle Daten für die
Ernte- und Handelsstatistik in Deutschland beigegeben. Eine in
allerletzter Zeit zusammengestellte Uebersicht über die Anbau-
flächen der vier Hauptgetreidearten in Deutschland findet sich
im Statistischen Jahrbuch für das Deutsche Reich, Jahrgang 1903,
(Berlin 1903). Die Mehrheit der den Zolltarifgesetzentwurf von
1901 beratenden Kommission sprach sich für die Festsetzung
von Mindestzöllen aus und strebte sogar eine Erweiterung der
Bestimmungen über die Mindestzölle an. Ein Antrag, die
Mindestsätze des Entwurfes bei Roggen auf 5,50 M., bei Weizen
auf 6 M., und bei Gerste und Hafer auf 5,50 M. für 100 kg
festzusetzen, wurde in der Zolltarifkommission mit überwiegender
Mehrheit angenommen; auch ein weiterer Antrag fand die Billi-
gung der Mehrheit, nach welchem für die Tarifpositionen 99,
102, 103, 105 und 107 (Vieh und Fleisch) Mindestsätze in
der Höhe von 80° der Generalsätze festgelegt und in & |
Zolltarif-G. eingefügt wurden. Die Anträge der Kommission
wurden dem Reichstage im Antrage KARDORFF und Genossen zur